Die geistige Botschaft unserer alten Märchen

Ritter Peter und die Meerfee

Märchentext von Undine & Jens [2025]
Interpretation von Undine & Jens in Grün [2025]

Diese alte deutsche Sage gilt als Quelle der Inspiration für viele Geschichten über Wasserfeen, Nymphen, Meerjungfrauen, Undinen und Nixen, wie auch für das berühmte Kunstmärchen „Undine“ von Friedrich de la Motte Fouqué um 1811 oder „Die kleine Meerjungfrau“ von Hans Christian Andersen um 1836. Die alte Sage läßt sich bis zu einem längeren Gedicht zurückverfolgen, das vermutlich Egenolf von Staufenberg um 1310 verfaßt hatte und von Christian Moriz Engelhardt in seinem Buch „Der Ritter von Stauffenberg: Ein altdeutsches Gedicht“ im Jahre 1823 abgedruckt und kommentiert wurde. Daraus haben wir eine gekürzte Nacherzählung gemacht, zu der wir einige Gedanken zur Interpretation aus geistiger Sicht niederschreiben möchten. Los geht’s:

Es war einmal ein Ritter namens Peter Diemringer von Schloß Stauffenberg in der Ortenau, eine Zierde der Ritterschaft an Gestalt, Tapferkeit, Tugend, Ehre, Gottesfurcht und Wohltätigkeit, treuer Frauen Freund und Liebling. Nachdem er als reifender Jüngling in der Welt das Abenteuer gesucht und manchen Kampf gegen das Unrecht zum Wohle der Christenheit gewonnen hatte, kehrte er als gestandener Mann mit Lob und Ruhm auf seine heimische Festung zurück. Am Morgen eines sonnigen Pfingsttages geschah es, daß er seinen Knappen die Pferde satteln und bereiten ließ, um nach Nußbach zur heiligen Messe in die Kirche zu reiten und sich von Sünde zu reinigen. Während er sich noch an Gott erinnerte und sein gewohntes Gebetlein sprach, ritt sein Knappe eilig voraus und erblickte unterwegs eine wunderschöne Jungfrau. In einem himmlisch schimmernden Seidengewand mit goldener Stickerei von vielfältigstem Getier und einem Geschmeide aus heilsam strahlenden Edelsteinen saß sie einsam auf einem kleinen Felsen am Waldesrand. Er grüßte die Wunderschöne, aber eilte schnell vorüber, denn sein Herr folgte ihm, der dann beim Anblick dieser unvergleichlichen Schönheit vom Pfeil der Liebe getroffen wurde. So grüßte auch er züchtig diese schönste der Frauen, die seinen Gruß mit Dank erwiderte. Daraufhin stieg er vom Pferd, und sie reichte ihm die Hände, um sich vom Stein heben zu lassen. Sie setzten sich zusammen ins Gras nieder, und der Ritter bekundete sein Erstaunen, eine so edle Jungfrau hier so einsam zu finden. Darauf antwortete sie lächelnd: „Ich habe dich hier erwartet. Seit du auf dem Rücken von Pferden sitzt, halte ich dir die Treue und habe dich überall und jederzeit beschützt, in Sturm und Streit, auf Turnieren, sowie im Kampf auf Leben und Tod. In allen Ländern war ich immer bei dir, doch du hast mich bisher nie gesehen.“

Der Ritter war höchst entzückt, daß es ihm endlich vergönnt war, sie zu schauen, und wünschte, sie bis zu seinem Tod nie mehr zu verlassen. Darauf sprach die Schöne: „Dies mag wohl geschehen, so oft du ganz allein bist, und dein Gedanke mich ersehnt, sogleich bin ich mit Leib und Seele bei dir. Dabei soll es dir an nichts mangeln, noch wirst du jemals krank werden. Doch eine ernste Bedingung hängt daran: Nimm dir alles, aber keine andere Ehefrau, denn dies brächte dir innerhalb von drei Tagen den sicheren Tod.“ Dafür gab sie ihm Gott zum Bürgen, und ohne weiteres Zögern schwur ihr der Ritter die einfache Bedingung: Sein Leib und Leben sollen ihr gehören, solange Gott ihn auf Erden läßt. Gegenseitige Küsse besiegelten den Liebesbund, doch diesen zu vollenden, verwies ihn die Holde mit Zucht auf die einsame Kammer und reichte ihm einen goldenen Fingerring mit einem hellen Edelstein zum Unterpfand ihrer Verheißung. Jetzt solle er zunächst seinen frommen Vorsatz erfüllen und die heilige Messe besuchen. Der Ritter war zwar besorgt, sie so einsam zu verlassen, aber sie beruhigte ihn und sprach: „Wo ich will, da bin ich. Der Wünsche Erfüllung ist mir von Gott beschieden.“

So ritt der Ritter mit seinem Knappen, der schon weit voraus war und auf ihn wartete, zur heiligen Messe. Die Glocke rief bereits zum Gottesdienst, und mit dem letzten Schlag stand auch der tugendhafte Ritter vor dem Altar, kniete nieder und betete zu Gott im Himmel und zur Himmelskönigin und Mutter Maria, denen er sich ganz mit Leib und Seele, Gut und Ehre hingab. Schließlich empfing er auch den Segen und ritt voller Freude und Hochgefühl wieder heim auf seine Festung. Dort zog er sich allein in sein stilles Schlafgemach zurück und dachte voller Sehnsucht an seine Geliebte, die auch sogleich mit Leib und Seele in seinen Armen erschien. So verbrachte das zärtliche Paar die heilige Hochzeitsnacht im Spiel der Liebe mit aller Seligkeit. Als der Morgen dämmerte sprach die Schöne: „Mein lieber Mann, dieses Gemach haben wir nun bis zum jüngsten Tag. Solange ich allein in deinem Herzen bin, werde ich dir jeden Wunsch erfüllen und viel Gutes bringen.“ Und der Ritter schwur ihr noch einmal seine Liebe, solange ihm Gott Leben und Sinne gibt.

Soweit zum ersten Teil. Über diese Sage, die viele Züge eines Märchens hat, kann man viel nachdenken, und das wurde auch über die Jahrhunderte getan. So wollen auch wir uns daran versuchen: Zuerst begegnet uns das Ideal eines tugendhaften, königs- und kirchentreuen Ritters im Kampf um das Christentum, der wohl nicht umsonst „Peter“ genannt wird, was an den heiligen Petrus erinnert. Und dieser heilige und heilsame Geist entfaltete sich wohl auch in ihm, so daß er gerade zu Pfingsten, als in der Kirche die Herabkunft des Heiligen Geistes gefeiert wurde, ein wunderschönes Wesen in der Natur erblickte, das ihm innerlich immer schon nahe war, das ihn schon immer geliebt hatte und das er nun auch äußerlich in der Natur mit Leib und Seele erblickte. Hier finden wir im Grunde die ganzheitliche Vernunft des Ritters wieder, wie er das lebendige Wesen der Natur erkennt und die mystische Hochzeit von Geist und Natur feiert, um sich als reiner Geist mit der reinen Seele der Natur zu vereinen. Diese „Hoch-Zeit“ als „Hei-Rat“ ist die „heilige Ehe“ als Gesetz oder Vertrag der Ewigkeit und damit das Happy-End vieler Märchen und wohl auch das Höchste, was der Mensch in dieser Welt erreichen kann.

So wird im ersten Teil schön beschrieben, wie der Ritter als ganzheitliche Vernunft im Laufe seiner Entwicklung in vielen Kämpfe um Tugend und Gerechtigkeit offenbar das eigennützige Ego besiegt hatte und dann mit seinem Knappen als begrifflichem Verstand, der die Pferde bzw. Körperlichkeit vorbereitete, auf dem Weg zur Herabkunft des Heiligen Geistes war. Der Verstand, der gern ungeduldig vorauseilt, erkennt die äußerliche Schönheit der Natur als ein lebendiges Wesen, und die Vernunft verwirklicht dann die ganzheitliche Liebe. Diese Ganzheit von Geist und Natur kann man natürlich nur mit Leib und Seele erfahren, wenn man „ganz allein“ ist, das heißt, ganzheitlich und all eins. Und die einzige Bedingung für diese Ganzheit in „liebevoller Umarmung“ ist natürlich, daß man sich im Ganzen nicht wieder mit etwas Besonderem oder Getrenntem verbindet. Der Vernunft erscheint das zunächst einfach und selbstverständlich, aber für den Verstand ist es bereits in der innerlich-geistigen Welt schwer zu verwirklichen und noch schwerer in der äußerlich-körperlichen Welt zu leben. Und diese Herausforderung wird dann im zweiten Teil der Geschichte erzählt.

Doch bleiben wir noch kurz bei dieser reinen Seele der Natur, die das schöne Kleid aller äußerlichen Formen und auch die Heilkraft aller Edelsteine trägt. In der Überschrift wird von einer Meerfee gesprochen, und in vielen Nacherzählungen von einer Meerjungfrau, Wassernixe, Florine, Undine oder auch Melusine. Interessanterweise gibt es in diesem alten Gedicht, auf das wir uns hier stützen, außer dem Ort „Nußbach“, wo die Kirche steht, keinerlei Bezug zum Wasser oder zum Meer. In späteren Versionen fand der Ritter die Jungfrau auf dem Stein an einer Quelle oder einem Brunnen, worin sie lebte, obwohl das Gedicht nahelegt, daß sie mehr im Ritter selbst lebt und überall bei ihm ist, selbst in fremdesten Ländern. Auch in dieser Hinsicht ist die Seele der Natur eine Quelle für alle äußerlichen Formen und damit auch des Lebens, wie man symbolisch auch den Geist mit dem Prinzip des aufstrebenden Feuers und die Natur mit dem Prinzip des abfließenden Wassers verbindet. So wird dann auch schön beschrieben, wie die Seele der Natur dem Geist die Hände reicht, um sie vom Felsen der toten Materie in das grüne Gras des Lebens zu heben, wo sie sich küssen und lieben, aber die eigentliche Hochzeit bzw. Vereinigung findet dann nach Wunsch im Inneren der Kammer bzw. des Körpers, „ganz allein“ in der Kammer des Herzens statt. Dort werden die äußerlichen Kleider abgelegt, und Geist und Natur können sich unverhüllt berühren, erkennen und vereinigen. Damit zeigt uns die Sage eine wunderbare Vision, wie die reine Seele der Natur immer bei uns ist, uns liebt und alles Gute gibt, wenn auch wir sie ganzheitlich mit reinem Herzen innerlich und äußerlich lieben. Dann ist es eine vollkommene und göttliche Natur.

Zu diesem Thema gibt es auch ein tiefsinniges Lied von Karat über den „König der Welt“ aus dem Jahr 1977:

Rollt aus den Teppich, daß das Herz auf Samt geht,
Stille von Kerzen stellt an den Weg.
König der Welt ist das Herz, das liebt,
und jeder Herzschlag ist ein Ritterschlag,
denn er gilt dem Anderen,
und nur ein König hat diese Macht …

Verneigt Euch tief und soweit es geht,
vor dieser herrlichen Majestät,
und soll Dein Herz selbst ein König sein,
dann liebe, dann liebe …
Ich sag: Dann liebe,
und Eins wird sein, die Welt ist Dein.

So lebten sie eine Weile zufrieden und glücklich, und sie bescherte ihm viel Reichtum, den der tugendhafte Ritter wohltätig verwendete, so daß er viel gelobt und geehrt wurde. Nachdem der Ritter mit seinem Gefolge noch viele fremde Länder besucht hatte, wo die Schöne Tag und Nacht mit ganzer Liebe bei ihm war, auch mit Leib und Seele, sobald er allein war und es wünschte, kehrte der Weitberühmte reich an Ehre und Gut in seine Heimat zurück. Seine Brüder und Verwandten empfingen ihn herzlich und voller Freude. Nur eines bedauerten sie, daß der Ritter, der seine Familie zu so hohen Ehren brachte, noch keine Ehefrau und Kinder hatte, obwohl ihm doch kein Fürst seine Tochter verweigern würde. Gemeinsam brachten sie ihm beim nächsten Gelage ihre Bedenken vor. Er erschrak und lehnte dies unter allerlei Vorwand ab, daß er noch zu jung und abenteuerlustig sei, noch andere Neigungen als zur Ehe habe und seine Freiheit nicht aufgeben wolle. Bei nächster Gelegenheit mußte dann ein betagter und hocherfahrener Verwandter Stimmführer der übrigen sein und nochmals auf ihn eindringen. Darauf sprach er klar und deutlich, daß er jede Bitte erfüllen wolle, nur niemals eine Ehefrau nehmen. Lieber ließe er sich in Stücke hauen.

Nach dem verdrießlichen Gespräch enteilte er ins Schlafgemach, um seine Geliebte herbeizusehnen. Ihr war der Kummer, der ihn bedrückte, nicht entgangen, und sie beklagte es, dessen Ursache zu sein: „Habe ich mich zu früh offenbart und als Ehefrau hingegeben?“ Daraufhin erneuerte er freudig sein Gelübde, und sie ermächtigte ihn, bei weiterer Anfechtung unumwunden zu erklären, daß er schon mit einer Frau verheiratet sei, die ihm all das Gute beschere, was ihn beglücke. Dazu ermahnte sie ihn noch einmal mit tiefem Ernst, sich ja zu keiner anderen Ehe überreden zu lassen, denn die unabwendbare Folge wäre sein Tod in drei Tagen.

Nach einiger Zeit fanden in Frankfurt die Wahl und Krönung des römisch-deutschen Königs statt, und alle Fürsten und berühmten Adligen strömten dahin. Auch Peter von Stauffenberg begab sich zusammen mit seinen Brüdern und Verwandten in reicher Ausstattung und herrlichem Gefolge zum großen Fest. Der König empfing den Ritter mit großer Huld, als man ihm seinen ruhmreichen Namen nannte. Im ritterlichen Turnier besiegte er alle seine Gegner und schonte die Jünglinge und jene, die ihm auswichen, mit tugendhafter Milde. Damit gewann er erneut großen Ruhm und vor allem die Herzen der Frauen. Der König sah es mit Freude, rief ihn zu sich und bot ihm seine einzige Nichte zur Braut an, die Erbin von Kärnten. Vater und Mutter waren ihr schon früh gestorben, und der König hatte sie wie seine eigene Tochter erzogen. Die junge und tugendhafte Schönheit war nun ins heiratsfähige Alter gekommen, und so wünschte ihr der König einen so mächtigen und tugendhaften Beschützer zum Ehemann. Der Ritter erschrak zutiefst, erbleichte und verstummte. Die Fürsten und Herren um ihn herum wunderten sich sehr und drängten ihn zu einer Antwort, um den König nicht zu betrüben. Mit stockender Stimme erklärte der Ritter seine standesmäßige Unwürdigkeit für eine so große fürstliche Gunst. Darauf entgegnete der König: „Auch wenn ich sie einem Knecht anböte, würde sie mir vertrauen und ihn nicht verschmähen.”

Der Ritter zögerte, der ganze Hof nannte ihn einen Toren, und daraufhin fragte ihn der Bischof, ob er vielleicht schon verheiratet wäre. Nun offenbarte er seine wundervolle Ehe, rühmte die Schönheit seiner Geliebten und ihre grenzenlose Freigebigkeit, die er auf Wunsch zu sich rufen konnte. Der Bischoff bat: „So laßt uns die schöne Frau auch schauen!” Doch der Ritter gestand, in die Enge getrieben, daß sie sich nur sehen ließe, wenn er ganz allein sei. Daraufhin erschrak der Bischoff und sprach: „So eine Ehefrau ist nicht wahr und offenbar ein Teufelswerk. Wer sich mit dem Teufel verbindet, verliert alles Gute in der Welt, und seine Seele wird in die Hölle fallen. Ein wahrer Christ sollte eine wahre Ehefrau heiraten.“ So und noch viel mehr predigte der hochverehrte Geistliche, und der Ritter war zutiefst erschüttert, ließ sich von der Predigt überzeugen und gab schließlich dem Willen des Königs nach. So wurde ihm die schöne Nichte anverlobt, und die Hochzeitsfeier sollte auf Schloß Stauffenberg sein.

Der Ritter eilte voraus, und als in seiner einsamen Kammer die Nacht anbrach, dachte er an seine verratene Geliebte, die sogleich in seinen Armen erschien und sprach: „Ach geliebter Mann, du willst unsere Ehe brechen und mir nicht mehr treu sein. Zu bedauern ist die Frau, die du ehelichst, und groß wird die Reue sein, denn am dritten Tag eurer Ehe wirst du sterben. All meine Liebe kann das nicht verhindern, denn es wird dein Schicksal sein. Zum Zeichen will ich dir sagen: Wenn du mit all den Herren und Frauen zur Hochzeit meinen bloßen Fuß sehen wirst, dann säume nicht, sondern beichte und bereite dich auf deinen Tod vor.“ Doch der Ritter erinnerte sich an die Predigt des Geistlichen, zweifelte und dachte, daß die Schöne vielleicht lüge und ihn doch der Teufel betrüge.

Bald darauf zog die fürstliche Braut mit herrlichem Gefolge und reicher Mitgift auf Schloß Stauffenberg ein, und die Hochzeit wurde mit großem Pomp gefeiert. Als alle an der wohlgedeckten Hochzeitstafel saßen, der Ritter neben der Braut, da erschien plötzlich über ihren Köpfen von der Decke herab ein nackter Fuß bis zum Knie, weiß wie Elfenbein und so schön vor aller Augen, wie noch nie gesehen. Der Ritter rief „Oh weh!“, zerraufte sich das Haar und sprach zur Hochzeitsgesellschaft: „Liebe Freunde, ihr habt euch und mich verdorben! In drei Tagen bin ich tot.“ Der Fuß verschwand, die Musik verstummte, alles Tanzen wurde beendet, und die ganze Hochzeitsgesellschaft sprang auf und durchsuchte den Raum über dem Saal. Doch niemand war zu finden, nicht einmal ein Loch in der Decke und keine Spur. So sprachen sie, daß es nur ein Blendwerk des Teufels gewesen sein konnte, und zogen sich verwundert vom ungeheuerlichen Ort zurück.

Der Ritter wurde bleich, ging auf seine Kammer, um sich dort ins Bett zu legen und auf seinen Tod vorzubereiten. Der Priester wurde zur Beichte und letzten Ölung gerufen und das Grab bestellt. Seine frischvermählte Ehefrau folgte ihm züchtig und treu in die Kammer, doch er entschuldigte sich bei der Weinenden, daß er ihr die Freuden der Hochzeitsnacht nicht gewähren könne und bat sie, mit ihrem Gefolge nur noch seiner Bestattung beizuwohnen. Dann ermahnte er seine Brüder, nach seinem Tod der Braut alles zu geben, was er gewonnen hatte und was ihr gehörte. Doch sie reichte ihm ihre weiße und zarte Hand und sprach voller Tugend: „Nein, alles Gut, das ich mitgebracht habe, verbleibt den Deinen. Durch mich hast du dein Leben verloren, so will auch ich das meine geben und gelobe, keinen anderen Mann zu nehmen und in ein Kloster zu gehen, wo mich kein Mann mehr mit Lippen berühren und Augen sehen soll. Dort will ich Gott Vater und die heilige Mutter um dein Seelenheil bitten.“ So nahm er Abschied von allen, beichtete, empfahl seine Seele Gott, starb, und am dritten Tag wurde er begraben. Nach seiner Bestattung erfüllte die junge Ehefrau ihr Gelübde und ging in ein heimisches Kloster. So fand der tugendhafteste Ritter, der jemals auf einem Pferd saß, sein Ende. Möge er uns noch lange in Erinnerung bleiben!

Wo nun viele Märchen mit der mystischen Hochzeit enden, da geht diese Geschichte des Ritters noch weiter, und der zweite Teil ist geistig sehr tiefgründig und schwer zu verstehen. Er dreht sich um die einzige Bedingung der Ganzheit, denn wer diese gefunden und verwirklicht hat, aber die heilige Ehe bricht, der muß innerhalb von drei Tagen dem Tod begegnen. Der Tod ist der Verlust des Lebens, was in der Ganzheit eigentlich nicht geschehen kann, sondern nur in der Trennung. Denn dazu muß auch jemand da sein, der das Leben verliert, eine getrennte Person bzw. ein Ego als ein trennendes Bewußtsein. Die drei Tage erinnern an das Prinzip der Zeit und damit auch der Vergänglichkeit, das mit der Trennung erscheint. Die Drei finden wir überall in der Natur wieder, wo sich etwas bewegt und verändert, meistens als drei Kräfte, worüber wir schon viel gesprochen haben. Hier könnten wir bezüglich der drei Tage an die Hochzeit am ersten Tag, die Beichte, Ölung und das Sterben am zweiten, sowie den Tod und die Bestattung am dritten Tag denken, oder bezüglich der Heirat von Seele und Körper an die Dreiheit von Geburt, Altern und Tod als Anfang, Mitte und Ende.

Der Ritter hatte es zunächst einfach, diese einzige Bedingung anzunehmen, denn in ihm herrschte die ganzheitliche Vernunft über den Ego-Verstand, der ihm als Knappe in der körperlichen Welt diente. Den weltlichen Anfechtungen des begrifflichen Verstandes durch seine Brüder und Freunde begegnete er mit Ausreden, und der höheren Vernunft einer altehrwürdigen Weisheit mit einem klaren und ehrlichen Gelöbnis, niemals eine andere Ehefrau zu nehmen, die ihn im Leben glücklich machen sollte. Doch innerlich blieb wohl ein Zweifel zurück, eine tiefsitzende Angst, das gewonnene Glück vielleicht doch wieder zu verlieren. Und die reine Seele der Natur ermahnte ihn zur Wahrhaftigkeit.

Die nächste Stufe der Anfechtung kam aus der praktischen Welt in Form eines weltlichen Königs, dem er als Ritter untertan war, und von einem geistlichen Vertreter Gottes, dem er als Christ vertraute. Der König erscheint uns nicht als egoistischer Tyrann, sondern als herrschende Vernunft, die das tugendhafte Wesen des Ritters und seine Macht erkennt und ihm eine ebenso tugendhafte Seele anbietet, die er selbst erzogen hatte, weil sie durch den Tod von Vater und Mutter in die Trennung gefallen war, und nun einen tugendhaften Geist suchte.

Auch die Predigt des Geistlichen ist interessant. Für den christlichen Glauben war es wohl kein Problem, wenn sich eine Frau mit dem unbegreiflichen Geist Gottes verheiratet hatte und keinen weltlichen Ehemann begehrte. Doch wenn sich ein Mann mit der reinen Seele der ganzheitlichen Natur verheiratet hatte und keine weltliche Ehefrau begehrte, dann sah man darin ein Illusions- und Teufelswerk, weil diese Natur äußerlich nicht sichtbar und begreifbar war. Dabei ist doch gerade das Unbegreifbare und Grenzenlose das ewig Wahre, und was fest und greifbar erscheint, ist das Vergängliche und Illusorische. So stand der christliche Glaube schon oft auf „Kriegsfuß“ mit der Natur.

Auf diese Weise wurde der Ritter schließlich doch von Zweifeln ergriffen und fand sich in einem Dilemma zwischen seiner inneren und äußeren Welt wieder. Hätte er die reine Seele der Natur mit seiner ganzheitlichen Sicht der Vernunft auch in der weltlichen Ehefrau erkannt, und die weltliche Ehefrau in der reinen Seele der Natur, das heißt, die geistige Einheit in der natürlichen Vielfalt, und die natürliche Vielfalt in der geistigen Einheit, dann hätte er wohl dieses Dilemma lösen können und den Tod als Prinzip der Trennung nicht erfahren müssen, denn in dieser Hinsicht gibt es nur eine einzige Seele. Doch so erschien dann der Fuß der Natur über den Köpfen des weltlichen Hochzeitspaares und der treibenden „Hochzeitsgesellschaft“, die nun sozusagen unter die Herrschaft der Natur gefallen waren. Doch wie der Fuß so unvergleichlich schön erschien, und wie es auch der Ritter im ersten Teil kennengelernt hatte, so meint es die Natur immer nur gut mit uns. Deshalb können wir auch hier annehmen, daß diese Erfahrung für den Ritter schicksalhaft und nötig war, denn er fand schließlich das Vertrauen in die Ganzheit wieder, konnte alles weltliche Eigentum und sogar seinen Körper loslassen, und gab sich in die Hände Gottes. In gleicher Weise entsagte auch seine weltliche Ehefrau allem Eigentum und ging im Kloster den göttlichen Weg der Ganzheit. Wie also der Ritter eine übernatürliche Ehefrau hatte, so bekam schließlich auch seine weltliche Ehefrau einen übernatürlichen Ehemann. So daß doch die Gegensätze der inneren und äußeren Welt wieder ausgeglichen wurden und man von einem wahren Happy-End sprechen kann, das allerdings für den Ego-Verstand unbefriedigend bleibt, weil er alles zu verlieren scheint und nichts mehr festhalten kann. Wunderbar!

Sogar der Wunsch des Dichters, daß die Erinnerung an diesen treuen Ritter lebendig bleibe, ging in Erfüllung, denn es gibt noch heute in Baden-Württemberg bei Durbach und Nußbach im Kreis Ortenau eine Burg Stauffenberg, wo inmitten idyllischer Weinberge diese Geschichte bewahrt wird, die nun auch uns wieder inspiriert hat:

Der Ritter von Stauffenberg

Schließlich haben wir noch versucht, so gut wir es konnten, das mittelhochdeutsche Gedicht nach dem Buch „Der Ritter von Stauffenberg“ von Christian Moriz Engelhardt aus dem Jahre 1823 in unser heutiges Deutsch zu übertragen. Dabei gingen natürlich einige Reime verloren, und wir haben nicht für jeden einen Ersatz gefunden. Wer noch gute Ideen hat, kann uns gerne schreiben. Danke!

Wer hat der Einsicht so viel,
Daß er gern Abenteuer will,
sie lernen und verstehen,
Und sich läßt zu Herzen gehen
Zucht, Treue und Bescheidenheit,
Doch Unfug sei ihm gänzlich Leid,
Im Herzen und im Mute!
Vom Himmel Gott, der gute,
Der mit seiner Hilfe nie
getreue Herzen je verließ,
Noch nimmer mehr verlassen will -
Ich sag es ganz ohne allen Wahn,
Soweit ich seinen guten Glauben hab -
Denn ihm sind Frauen oder Männer,
Die sich der Bescheidenheit
Befleißigen, wohlgefällig,
Und wollen nach Ehren ringen;
Dann läßt es ihnen Gott gelingen.

Wer het Bescheidenheit so vil,
Das er Afenture wil
Gerne merken und verstan,
Und im lat in sin Herze gan
Zucht, Trüw und Bescheidenheit,
Und im Unfug lat wesen leit
In Herzen und in Mute!
Von Himel Got der gute,
Der getruwes Herze nie
Mit der Hilfe sin verlie,
Noch niemer me wil gelan, -
Ich red es gar on allen Won,
Wan ich sin guten Glouben han, -
Wa sind im Frowen oder Man,
Die sich Bescheidenheite
Flissend, vil gereyte,
Und wend nach Eren ringen;
Und lat im Got gelingen

Wer an Leib und auch an Gut,
Immerzu ist auf der Hut,
Daß er kann Schande fliehen,
Und will sich lieber anerziehen
Zucht, Treue, Milde und Ehre,
Der folgt auch meiner Lehre
Und befleißig sich der Tugend.
Wer es in seiner Jugend
Versäumt, und ihn nichts belehrt,
Ach, wie schändlich verzehrt
Dieser Mensch seine Kindheit,
In der man Abenteuer sieht,
An denen er sich wandeln kann!

An Lib und ouch an Gute,
Wer sich hett in der Hute
Daz er kan Schande fliehen,
Und wil sich lan beziehen
Zucht, Truw, Milt und Ere,
Wer volget miner Lere
Und sich flisset Tugent.
Wer sich in siner Jugent,
Versumet, daz er nür enlehrt,
Ach, wie schämlich verzehrt
Der Mensche sine Kintheit!
Wa man Oventure seit
Daz er sich wenden muß da van!

So ein edler, werter, junger Mann,
Davon sprech ich ungelogen,
Von einem Ritter wohlerzogen,
Wie es dem erst jüngst gelang.
Der alle Zeit nach Ehren rang,
Darum er große Mühe wagt,
Daß sei euch Jungen laut gesagt.
Wer noch Ehre will erfechten
Mit Rittern oder Knechten,
In Turnieren oder Streiten,
Der muß auf beiden Seiten
Allemal seinen Leib auch wagen.
So wurde mancher tot weggetragen,
Der geworden wär ein frommer Mann.
Also fängt die lange Rede an:

Ir stolzen, werden, jungen Man,
War sag ich, ungelogen,
Von einem Ritter wol gezogen,
Wie es dem ze jüngst gelang,
Der alle Zit nach Eren rang,
Harumb er leit groß Arbeit;
Daz si üch, Junge, vorgeseit;
Wer noch well Ere ervehten
Mit Rittern oder Knehten,
In Turnern oder Striten
Der mueß ze beden Siten
Des Libes sich ze mal verwegen,
Harumb ist manger tot gelegen,
Der wol wer sin ein fromer Man,
Alsus die Rede vahet an:

Uns erzählt die Geschichte das,
Wie ich zuvor geschrieben las,
Von einem Ritter aller Ehren wert,
Als Peterman von Diemringer verehrt,
Und war zum Helden auserkoren.
Von Stauffenberg war er geboren,
Das liegt in Ortenau,
Wo manche schöne Frau
Sich läßt in Ehre sehen,
Deren Lob wird nie vergehen,
Weil sie vor Makel sind behütet.
Der Ritter edel und wohlbegütet,
War von Art ein milder Mann,
Der immer gab, soviel er kann,
Was er an Geldern hatte.
Der Edle und Verläßliche,
Ehrte die Armen und auch Reichen
Und ließ von ihm entweichen
Nie einen reisenden Mann.
Erst mußte er seine Gabe haben.

Uns seyt die Oventure daß,
Als ich hievor geschriben laß,
Von einem werden Ritter her,
Hies Peterman von Temringer
Und waz ein Tegen userkorn;
Von Stouffenberg waz er geborn,
Daz lit im Mortenowe,
Da mange schöne Frowe
Sich lat in Ere schouwen,
Der Lob ist unverhowen,
Wan sie vor Wandel sind behut.
Der Ritter edel und gut
Waz von Art ein milter Man,
Mit dem so liess er uff gan
Waz er Gült hette;
Der edel und der stete,
Erte arm und ouch richen
Und ließ von im entwichen
Nie keinen varenden Man,
Er muste sine Gabe han.

Auch diente er fleißig
Gott vom Himmelreich,
Und auch seiner zarten Mutter,
Maria, der werten Sühnerin,
Sprach er alle Morgen zu:
„Hilf mir, daß ich alles tu,
Damit ich deine Huld erwerbe,
Eh ich dann hier auf Erden sterbe.“
So entließ der Werte keinen Tag,
Ohne daß er Gott im Himmel hegte,
Wie er auch manch anderes pflegte,
Der in Kämpfen wohl gesiegt,
Und auch in Turnieren.

Ouch diente er fliessecliche
Got vom Himelriche
Und ouch der zarten Muter sin,
Marien, der werden Sünerin,
Sprach er alle Morgen zu:
Hilf mir, daz ich also getu,
Daz ich din Huld erwerbe,
Ee denn ich hie erfterbe;
Des entließ er niemer Dag,
Davon sin Got von Himel pflag,
Als er noch vil manges pfligt
Der in Striten wol gesigt,
Und ouch in Turneye.

Der hochgeborene Mann
Diente gern den edlen Frauen,
Wo er sie auch sehen mochte.
So war er von Herzen froh,
Und die Geschichte sagt uns so
Daß er niemals zornig wurde.
Sah er eine edle Frau,
Verschwunden war sein Ungemach,
Darüber man das Beste sprach,
In dieser wilden weiten Welt.
Man sagt, daß weder vor noch nach,
Kein so edler Ritter war bekannt,
Der erfahren hatte manches Land.

Der hoh geborne Leye,
Steten [Diente] gerne Frowen,
Wo er die mohte schowen
So waz er von Herzen fro;
Uns seit die Oventure also
Daz er nie so zornig wart,
Sah er eine Frowen zart,
Verswunden waz sin Ungemach,
Davon man im daz beste sprach,
In diser wilden Welte wyt,
Man seyt, daz weder vor noch syd,
Nie stolzer Ritter wurd erkant
Der erfaren hett so manig Lant.

Derselbe Held, der hehre,
Machte manchen Sattel leere.
In Turnieren und in Streiten
Wurde auf beiden Seiten
So ein frommer Ritter nie gekannt.
Wen er ergriff mit seiner Hand
Oder konnte mit dem Schwert erlangen,
Um diese (Übeltäter) war‘s geschehen.
So lag vor ihm schon mancher tot,
Auch bracht er manche in die Not,
Die sich vor edlen Frauen
Auf Höfen ließen schauen.

Derselbe Tegen here
Maht manchen Sattel lere;
In Turnern und in Stryten
Wart ze beden Siten
Fromer Ritter nie erkannt;
Unz er begreiff mit siner Hant
Und moht mit sinem Swert erlangen,
Umb die waz es ergangen,
Des lag vor im vil manger tot.
Ouch braht er mangen syd in Not,
Die sich durch werde Frowen
Uff Hofen liessend schowen;

Wie ein edler Ritter kämpfen sollte,
Wenn einer gegen ihn reiten wollte,
So stieß er Roß und Mann
Miteinander nur dorthin dann.
Auch besiegte er mit seiner Lanze,
So manchen vor den Frauen,
Davon sein Lob wurde weitbekannt.
Die Bayern, Ungarn und Schwaben
Mußten ihm das Beste zugestehen.
In England wurde er gesehen,
Und auch im Frankenreich
War er immer den Besten gleich.
In der Toskana und Lombardei
Hört man die edlen Frauen
Mit Fleiß sein Gottesheil erbitten.
So tapfer hatte er gestritten
Mit Mannheit und mit Ritterkraft,
Mit Ehren in der Heidenschaft,
Wo er schlug manchen Sünder tot,
Und das Gras färbte vom Blute rot,
Wenn er solche im Streit besiegen kann.
So daß manch ungetaufter Mann
Gar öfters zu dem andern sprach:
„So werten Mann ich niemals sah,
Wie dieser stolze Ritter ist.“
Und sprachen zu derselben Frist,
Er sei von rechter Gestalt ganz tadellos,
Nicht zu klein und nicht zu groß.
Sein Herz ist lauter, ohne Streit,
Weder zu eng, noch zu weit,
Und hat eines rechten Mannes Leib.
Gar manches wilde Heidenweib,
Sagte Lob, Dank und Ehre,
Der werten Frau, die hehre,
Die ihn in die Welte gebar.
Alle zusammen sprachen gar,
Das er der Teuerste wäre,
Den eine Mutter gern gebäre,
Dazu bescheiden und milde.
So hatte er mit seinem Schilde
Erworben ritterlichen Preis,
und wie ein Mandelbäumchen weiß
Erblühte er an Tugend und an Ehre.

Als so man stechen solte,
Wer an in ryten wolte,
So stieß er Ross und Man
Mitenander dort hin dan,
Ouch fürt er an dem Schafte sin,
Vil mangen für die Frowen hin;
Davon sin Lob ward wyt erkant,
Swaben, Beyern, Ungerlant,
Mustent im daz beste yehen;
In Engellant wart er gesehen
Und ouch in Frankenriche,
Die besten ye gliche;
In Tuscan, in Lamparten,
Hört man im die Frowen zarten
Und mit Flys Got Heiles bitten.
Alsus hat er gestritten
Mit Mannheit und mit Ritterskraft,
Mit Eren in der Heydenschaft,
Wan er schlug inen mangen tot,
Daz Graß macht er von Blut rott,
Wa er in Stritten an sy kan (kam);
Vil manger ungetouffter Man
Gar dik zu dem andern sprach:
So werden Man ich nie gesach,
Also dieser stolze Ritter ist.
Sü sprachent by derselben Fryft,
Er wer in rechter Masse,
Be clein, noch ze grosse;
Sin Herz ist luter, one Wangk;
Weder ze kurz, noch ze langk,
Und hat eins rechten Manes Lip;
Gar manges wilden Heyden Wip,
Seyt Lob, Dank und Ere,
Der werden Frowen here,
Die in zer Welte je gebar;
Sie sprachent alle-samen gar,
Das er der turste were
Den Muter je gebere,
Darzu bescheiden, milte;
So hatt er mit dem Schilte
Geworben ritterlichen Pris
und blüget, als das Mandel-Rys,
An Tugend und an Ere.

Dieser werte Ritter, der hehre,
Durchreiste mit Ehren manches Land,
Von Staufenberg wurde er genannt.
Wo er in den Ländern reiste weit,
Viele schworen mit Ehrlichkeit:
Würde alle Welt zum Wettstreit reiten,
Man müßt ihn als den Besten preisen.

Der werde Ritter here
Durchfur mit Eren manig Land,
Von Stoffenberg waz er genand;
Wa er in den Landen fur
Vil manger tobelichen swur,
Ritt alle Welt uff einen Plan,
Man müßt in fur den besten han.

Der unverzagte werte Mann
Zog auch reiche Kleider an,
Die seinem Leibe standen wohl,
Fürwahr ich euch das sagen soll.
Auch Brettspiele konnte er viel
Und mancherlei Saitenspiel.
Damit war er sehr fröhlich gewesen,
Und konnte auch schreiben und lesen,
Das lernte er in seinen jungen Tagen.
Pirschen, Falknerei und Jagen,
Das konnte wohl der Ritter gut
Und machte ihn sehr hochgemut,
Daß sein Herz viele Freuden trug.
Nun höre, was ich ferner sage:

Der unverzagte werde Man
Trug ouch riche Cleyder an
Die sinem Lib stundent wol,
Für war ich üch daz sagen sol;
Brettspil kund er ouch vil
Und mangerleye Seytenspiel;
Daz tet in dik frölich wesen,
Er kund ouch schriben und lesen,
Daz lert er in sinen jungen Tagen;
Byrsen, beytzen und jagen
Daz konde wol der Ritter gut,
Und tett in dik hoh gemut,
Daz sin Herze Fröyden pflag;
Und hör waß ich nun furbaß sag.

Wie ihm eine schöne Frau erschien

An einem Tage fügte es sich dar,
Daß dieser Held zu Hause war,
Zu Staufenberg auf seiner Festung gut,
Bei seinen Freunden hochgemut.
Die waren seiner Rückkehr froh,
Nachdem derselbe Ritter so
Lange Zeit von ihnen weggewesen.
Der Held, an Mannheit auserlesen,
Sprach zu seinem Knappen mit Sorgen
An einem Pfingsttag früh am Morgen:

Uff einen Tag fugt sich daz,
Daz diser Helt daheime waz,
Ze Stouffenberg uf sinr Vesti gut,
By sinen Fründen hoh gemut;
Die warent siner Kunfte fro,
Wan derselbe Ritter do
Von in waz lange Zit gewesen.
Der Helt, an Manheit userlesen,
Sprach sinem Knaben also zu,
An einem Pfingstage fru:

„Geh hin, bereite mir ein Pferd,
Von dir das Roß mein Herz begehrt,
Daß ich zu diesen Zeiten
Will hinab nach Nußbach reiten.
Dort will ich dann die Messe hören,
Damit Gott soll mir zerstören
Meiner großen Sünden Teil.
Weil ich zu allen Zeiten feil
Mein Leben trug und meinen Leib,
Für Ehre und für wertes Weib,
Und auch für diese Welt zum Ruhm.“

Gang hin bereite mir ein Pfert
Von dir daz Roß min Herz begert,
Daz ich zu disen Ziten
Well hin gen Nussbach riten;
Do will ich Messe hören,
Daz Got well zerstören
Miner grossen Süden Teyl,
Wan ich ze allen Ziten veil
Min Leben trag und minen Lip,
Durch Ere und durch werde Wip
Un ouch durch dieser Welte run (m);

Der Knabe sprach: „Herr, das will ich tun,
Weil ich dir gern gehorsam bin.“
So läuft er zu dem Stall schnell hin,
Und zieht heraus Roß und auch Pferd.
Hut, Mantel, Sporen und das Schwert,
Trug er dabei in seiner Hand,
Womit er bald seinen Herren fand.
Sie saßen auf und ritten dann;
Da ließ der tugendhafte Mann,
Seinen Knappen reiten vor,
Denn wie es seine Gewohnheit war,
Wollte er zuerst sein Gebet aufsagen,
Wie er es pflegte an vielen Tagen.

Der Knabe sprach: Herr, ich tun,
Wan ich vil gern gehorsam bin;
Also lüff er zum Stall hin in,
Und zoh haruss Ross und ouch Pfert;
Hut, Mantel, Sporn und ouch daß Swert,
Trug er daby an siner Hand,
Da er bald sinen Herren vand;
Sy sassent uff, und rittent dan;
Da ließ der tugenthafte Man,
Sinen Knaben ryten vor,
Wan er noch sinr Gewonheit Kor,
Wolte sprechen sin Gebett,
Als er dik geton hett.

Der Knappe ritt den Burgweg hinab,
Und alsobald sieht dieser Knab
Sitzen auf einem Stein
Eine Frau ganz allein,
Die schön und vollkommen war.
Und die Geschichte sagt uns klar,
Daß Gott niemals ließ auf Erden
Ein schöneres Weib werden,
Von Fleisch, noch von Gebein,
So war die Zarte vollendet und rein,
Ein schöneres Weib ward nie gesehen.
Wie der helle Sonnenglanz im Sein,
Gibt lichten wonniglichen Schein,
Der alle Sterne überstahlt,
So ließ die Frau so schön
Für alle Frauen wohlgetan,
Ihre Schönheit über alles scheinen.

Der Knabe ryt den Burgweg ab;
Zehand so siht derselbe Knab,
Sitzen uff eim Steine
Eine Frowe alterseine,
Die so rehte schöne waz;
Und seyt die Ofenture daz,
Daz Got an diese Welte ye
Schöner Wiep ließ werden nye,
Von Fleische, noch von Beyne,
Also die zarte reyne;
Schöner Wip wart nie gesehen,
Neht als der lichten Sunne Brehen,
Git lichten wunneberenden Schin
Für alles daz Gestirne hin,
Also tet die Frowe schön
Für alle Frowen wol geton,
Ir Schöne über alle schein.

Die Fromme saß da ganz alleine.
Nach der abenteuerlichen Sage,
Lag der Stein am Waldesrand
Wo sie der Knappe sitzend fand
In einem strahlendweißen Gewand,
Das so schön und leuchtend lachte,
Daß der erstaunte Knappe dachte,
Sie wär vom Himmelreich gekommen,
Oder aus dem Paradies genommen,
Und gehöre zu der Engel Schar.
Von reinster Seide wunderbar,
So war ihr wonnigliches Kleid,
Bestickt mit goldenem Faden
Von vielerlei Tiergestalt erhaben,
Und vom Golde wohl durchgraben.

Die Frome, die sass muterein;
Nach der Oventüre Sage,
So lag der Stein by einem Hage
Da sy der Knab uff sihend vant;
Ouch hatt sy an ein wyß Gewant,
Daz also schöne luhte,
Daz den Knaben duhte,
Sy wer vom Hymelriche komen,
Ald uß dem Paradys genomen,
Und füre in der Engel Schar;
Von Palmat - Sydin wunebar
So waz ir wunecliches Cleyt,
Daruff von Golde waz geleit
Vil manig tier erhaben,
Von Gold wol durchgraben;

Am reichen Kleid erscheint,
Manch wunderlicher Edelstein,
Der meisterlich gewirkt darin.
- Wie ich unterwiesen bin -
Die man so reich an Kräften fand,
Wenn man sie legte in die Hand,
Dem Menschen, der krank gewesen,
Dann ließen die Steine ihn genesen,
Wie ich ihre Kraft vernommen habe.

Von dem richen Cleyd erschein,
Manig wunnenclich Edelstein
Waz meysterlich gewürkt darin
Als ich underwiset bin,
Die man so rich an Krafte vant,
Wem man sy leite in die Hant
Wer der Mensche siech gewesen
Die Steine machtent in genesen
Als ich ir Kraft vernomen han;

Auch trug sie reiches Brustgeschmeide,
Diese schöne Frau, so wunderbar,
Auf ihrem Herzen, das ist wahr,
Was ihr wohlgeziemte, so daß
Ich es auch geschrieben laß.
Sehr kostbar war es mit Liebe gemacht,
Von mancher Hand in großer Pracht.
Darin leuchtete ein roter Karfunkel,
Und keine Nacht wurde je so dunkel,
Daß er nicht zu sehen war.
Dieser Stein war so wunderbar,
Daß er gab wonniglichen Schein
Und war gefaßt inmitten fein,
Umfangen von manch andrem Stein,
Sowohl groß, als auch klein,
Der Besten, die man jemals fand.
Dem Geringsten könnte nicht ein Land
Vergolten sein nach seinem Werte.
Auch wurde auf der Erde
Kein Kaiser jemals so reich,
Der sie vergelten könnte gleich
Mit all seinem Gut und Geld.
So war die Löbliche in dieser Welt,
Und höchst wundervoll gewahr.

Sü trug ouch ein rich Vurspang an,
Dieselbe schöne Frowe zwar,
Vor irme Herzen, daz ist war,
Als ir vil wol gezeme was,
Da ich es auch geschriben laß,
Vil koste waz daran geleit
Von manger Hande Schönheit;
Darinne ein Karfunkel,
Die Naht wart nie so dunkel
Man gesehe wol davon,
Der Steine was so lobesan,
Daz er gab wuneclichen Schin
Und waz Geleit da mitten in,
Und umbefieng viel manger Stein,
Bede groß und ouch clein,
Der besten so man jena fand,
Den minnsten möchte nit ein Lant
Vergolten han nach sinem Werde,
Es en wart als uf der Erde
Keyser nieso lobesan,
Der sü vergolten möhte han
Mit allem sinem Riche;
Sy was so lobeliche
Und so wunnenclich gevar.

Der Knappe nahm die Frau wohl wahr
Doch ritt vorbei und schwieg.
Züchtig war die Frau ihm lieb,
Und grüßte so den Knaben.
Doch der durfte hier nicht Ruhe haben,
Weil er ehrfürchtig seinen Herren sah,
Der ihm schon sehr nahe war.
Geritten zu derselben Stund,
Das machte ihm sein Herz ganz wund,
So daß der Knappe Schmerzen litt,
Weil ihm sein Herr so nahe ritt.
Deshalb durfte er nicht in Ruhe weilen,
Und war genötigt, weiter zu eilen,
Verneigte sich aber züchtig vor ihr.

Der Knabe nam der Frowen war
Und reyt doch fur und sweyg;
Mit Zuhten im die Frowe neyg
Und grußt also den Knaben.
Er torft nit stille haben
Wan er den Heren sin entsasß,
Der im also nohe waz
Geritten zu derselben Stund,
Des wart sin Herze ser verwunt,
Und waz dem Knaben vaste leyt,
Daz im sin Her so nahe reyt,
Davon torft er nit stille haben,
Von note müßt er für san traben
Und neyg ir doch mit Züchten gar;

Bald war der Ritter angekommen hier,
Wo auf dem großen Steine
Die Schöne saß mutterseelenalleine.
Wie sie der Ritter angesehen, ach,
Verschwunden war alles Ungemach.
Denn als er die Schön so einsam fand,
Der Liebespfeil sein Herz entbrannt.
Von Herzen wurde er nun froh,
Und züchtig sprach er so:
„Gott grüß Euch Frau mit aller Zucht,
Gott grüß Euch hochgelobte Frucht.
Ich grüß Euch allerschönstes Weib,
Das je gewann Seel und Leib.
Die mir auf Erden jemals wurde kund,
Ich grüß Euch Liebste tausend Stund.“
Darauf der Ritter hört von ihr:
„Mein lieber Freund, das danke dir
Der liebe Gott vom Himmel gleich,
Daß du mich grüßest so tugendreich.“

Nun waz der Ritter komen dar
Vil schiere, da uf dem Steine
Die schöne sass mutereine,
Do sü der Ritter angesach
Verschwunden was sin ungemach;
Da er die Schön alleine vant,
Sin Herz durchschoß der Minne Bant;
Von Herzen wart er funder fro
Vil zuchteclich sprach (er) also:
Got grüss üch Frow durch alle Zuht,
Got grüss üch hohgelopti Fruht;
Ich grüss üch aller schönstes Wip,
Das ye gewan Sel und Lip,
Die mir uff Erden je wart kunt;
Ich grüss üch Frowe tusent Stunt,
Sprach der Ritter da zu ir.
Min lieber Fründ, nun danke dir
Der werde Got von Himelrich,
Du grüssest mich als tugentlich;

Damit erhob sich die Frau und stand,
Des Ritters Herz war schon entbrannt,
Er sprang von seinem Pferd fürwahr,
Die Frau bot ihm die Hände dar.
Und so hob der Tugendreine
Die edle Frau herab vom Steine,
Davon sein Mißtrauen ganz verging.
Mit beiden Armen er sie umfing,
Und bat die Frau zum Sitzen nieder.
Da sprach die Schöne nichts zuwider,
Sie setzten sich hinab ins Gras.
Und der Ritter sprach dann das:
„Gnade, hochgeborene Frau,
Darf ich reden, ohne Zorn zu ernten,
Mit Euch, die mein Herz begehrt?“
Die Frau sprach: „Es sei dir gewährt.“
Darüber wurde der Ritter sehr froh,
Und sprach voller Tugend so:
„Hab Gnade, werte Reine,
Warum weilt Ihr hier so alleine,
Daß Euch niemand wohnet bei?“

Hiemit die Frow uffgestund.
Des Ritters Herz wart entzunt,
Er sprang von dem Perde sin;
Die Frow bot ir Hendelin;
Do hub der wandelfeine
Die Frowe ab dem Steine,
Dovon sin Truren gar zergieng.
Mit Armen er sie umbevieng,
Und bat die Frowe sißen nyder,
Da rett die Schöne nüt dawider;
Sy sassent nyder in daz Graß.
Der Ritter redte fürbass:
Gnade, Frowe hohgeborn,
Getar ich reden one Zorn
Mit üch, des min Herz begert?
Die Frowe sprach, du bist gewert;
Des wart der Ritter harte fro
Und sprach vil tugentlich also:
Genade, werde Reine,
Wie sind ir hie so Eine,
Daz üch niemand wanet by?

Die schöne Frau von Unzucht frei,
Den Ritter gütlich in die Augen sah,
Und lächelnd diese Worte sprach:
„Das mag dir wohl ein Wunder sein,
Ich sag dir edler Ritter fein,
Wie sich alles hat gefügt, so daß
Ich hier einsam und alleine saß,
Wo ich, guter Freund, gewartet dein.
Dir sag ich von der Treue mein,
Das ich dir treuen Dienst geleistet,
Seit dem du je auf Pferden reitest.
So durft ich dich als Ritter pflegen,
Auf allen Straßen und auch Stegen.
In Stürmen und in Streiten,
Behütete ich dich zu allen Zeiten,
Wie ein Freund den andern soll.
In Turnieren beschützte ich dich wohl,
Daß dir kein ernstes Leid geschah.
Wo man zu Hofe Stechen sah,
Da beschirmte ich den Ritter mild
Mit deinem eignen Schild.
Auch ohne alle Gegengabe,
An Gottes heiligem Grabe,
Wo dir gegeben wurde an Wert,
Alles, was dein Herz begehrt,
Und mancher da erschlagen ward,
Hütete ich dich als Freund so zart.
So bewahrte meine freie Hand,
Dich in manchem fremden Land,
Davon dein Lob ward weit bekannt,
In Schwaben, Bayern und Ungarland.
Auch hütete ich dich in Preußen,
Vor Welschen und vor Reußen.
In England und im Frankenreich,
Pflegte ich dich mit Freude gleich.
In der Toskana und Lombardei,
War ich für dein Wohl dabei.
Ich behütete in allen Landen,
Dich vor allen Schanden;
Wohin auch führte deine Herzensgier,
Da war ich alle Zeit bei dir.
Doch du hast mich nie gesehen klar,
Mein Freund, nun siehst du mich wahr,
Wie ich dich immer mit Treue pflegte.“

Die Frowe schöne, Unzuchten fry,
Den Ritter gütlich ane sach,
Das Wort sie lachenliche sprach:
Daz mag dich wol Wunder han,
Ich sag dir Ritter lobesan,
Wie sich hett gefuget daz,
Daz ich hie so einig saß:
Da han ich, Frünt, gewartet din;
Dir sag ich, uff die Truwe min,
Das ich dir bin mit Truwe mitte;
Sid du Pferd je überschritte,
So han ich Ritter din gepflegen;
Bede an Straß und an Stegen,
In Stürmen und in Striten,
Hüt ich din zu allen Ziten,
Als ein Fründ des andern sol;
In Turnern hüt ich din vil wol,
Das dir Leides nie geschach;
Wa man ze Hofe stechen sach,
Da pflag ich Ritter milte
Din, mit dinem Schilte;
Ouch one alle Widerhabe,
By dem fronen Gottes Grabe,
Da dir wurde Ritter wert,
Alß din Herze hat begert,
Wie manger da erschlagen wart,
Da hüt ich din, Frünt so zart;
Mit miner fryen Hende,
Hüt ich din im Ellende,
Davon din Lob ward wit erkant,
Swaben, Beyern, Ungerland;
Ouch hüt ich din in Brüssen,
Vor Walven und vor Russen,
In Engellant und Frankenrich,
Pflag ich din gar meisterlich;
Ze Tuskan, in Lamperten,
Kund ich din wol gewarten;
Ich hüt in allen Landen,
Din vil wol vor Schanden;
Und war je gestund dins Herzen Gir,
Da waz ich alle Zit by dir;
Daz du mich doch gesehe nie,
Min Fründ nun schowest du mich hie,
Wan ich din ye mit Truwen pflag;

„Wohl mir, daß ich diesen Tag erlebte,
Aus tiefstem Herzen freu ich mich.“,
So sprach der Ritter tugendlich,
„Daß ich Euch schöne Frau darf sehen,
Lieberes konnte mir nie geschehen.
Ach, könnt ich nach dem Willen mein,
Gnädige Frau, alle Zeit bei euch sein,
Und immerfort, bis an meinen Tod.“

Wol mir daz ich disen Dag,
Gelebte ie, des fröw ich mich,
So sprach der Ritter lobelich;
Daz ich üch schönes Wip sol sehen,
Mir kunde liebers nit geschehen;
Wan solt ich nach dem Willen min,
Genade Frow by üch sin,
Iemer unz an minen Tot.

Da sprach sie aus ihrem Munde rot:
„Mein lieber Freund, das mag wohl sein,
Folgst du nur dem Willen mein,
Wie ich nun hier, bescheide dich:
Wenn du nur willst, dann hast du mich,
Sobald du ganz alleine bist.
Doch ich sage dir bei dieser Frist:
Willst du lieben meinen Leib,
Dann mußt du ohne eheliches Weib
Immer sein, bis an deinen Tod.
Du lebst dann ganz ohne Not
Bis an deinen jüngsten Tag,
Daß dich nichts kränken mag,
Und du auch nimmer kränker wirst,
Wenn du ein eheliches Weib entbehrst.
Nimm, wen du willst, nur nicht ehelich,
Denn dazu hast du immer mich.
Alles Gute, das dein Herz begehrt,
Wird dir als Freund von mir gewährt.
Doch nimmst du ein eheliches Weib,
Dann stirbt dein überstolzer Leib
Danach am dritten Tage.
Was ich dir wahrhaftig sage,
Weil es niemand abwenden kann.
Darum verstehe mich, edler Mann,
Tief im Herzen und Gemüte gut.“

Die Frowe sprach us Munde rot,
Min lieber Fründ, daz mag wol sin,
Io volgest du dem Willen min,
Alsz ich nun hie bescheiden dich,
Wenn du denn wilt, so hastu mich
Wa du alterseine bist;
Und sage dir by diser Frist,
Wiltu truten minen Lip,
So mustu one elich Wip
Iemer sin untz an dinen Tot,
Und lebest gar on alle Not
Biß an dinen jüngsten Tag,
Daz dich nut gekrenken mag,
Und ouch niemer krenker wirst;
Ob du elich Wip enbirst,
Nim wel du wilt, nur nit zer E;
Darzu haßtu iemer me
Gutes, weß din Herz begert,
Des bistu, Frunt, von mir gewert;
Aber nimst ein elich Wip,
So stirbet din vil stolzer Lip
Darnach am dritten Tage,
Fürwar ich dir daz sage
Wan es nieman erwenden kan;
Darumb so soltu mich verstan,
In Herzen und in Mute.

Darauf fragte der Ritter wohlgemut:
„Schöne Frau, ist deine Rede wahr?“
„Ja“, sprach die Liebliche klar,
„Ich will dir Gott zum Bürgen geben,
Und dazu auch mein Leib und Leben,
Wenn ich Unwahres sage dir,
Daß Gott nimmer helfe mir.“

Da sprach der Ritter gute:
Frowe ist die Rede war?
Ja, sprach die Mynenchlich clar,
Ich wil dir Got ze Bürgen geben,
Und darzu Lib und Leben,
Ob ich unrechte sage dir,
Daz Got niemer gehelfe mir.

Da sprach der tugendhafte Mann:
„Gut, wer Gott zum Bürgen haben kann,
Der ein getreues Herz noch nie
Mit seiner Hilfe je verließ.
Nur er hilft uns aus aller Not,
Denn Leib und Seele stehn in Gott.
Deshalb muß er uns beide pflegen,
Und so hab ich mich verwegen,
Daß ich immer Leib und Leben
Zu eigen will Euch geben,
Solang mir Gott das Leben gibt.“

Do sprach der tugendhafte Man,
Got, den wil ich ze Bürgen han,
Wan er getrüwes Herze nie
Mit der Hilfe sin verlie;
Er hulfe ihm uß aller Not,
Lip und Sel an Gotte stot,
Der müsse unser beider pflegen,
Frow, so han ich mich verwegen,
Daz ich Lib und Leben
Für eygen üch will iemer geben,
Die wil mir Gott daz Leben gan.

Sie umfing den werten Mann verliebt
Und er das liebevolle Weib.
Er drückte sie an seinen Leib,
Und küßte sie auf ihren Mund,
Wie auch sie tat zu jener Stund,
und küßte ihn tugendlich zurück.
Weder zuvor noch danach im Glück,
Wurde größere Liebe bekannt,
Seit man den Liebestrieb empfand,
Den sie da hatten beide.

Sie umbevieng den werden Man,
Und er daż mynenchliche Wip,
Die truhte er an sinen Lip,
Und kuste sy an iren Munt,
Also tet sy auch ze der Stunt,
und kust in tugentlichen wider,
Man seid daz weder e noch syder,
Gröffer Lieby nie enwart,
Da man mit trib der Minne Art,
Als sie da hattent beyde.

Da wollte auf der grünen Heide
Der Held mir ihr schlafen sogleich.
Darauf die Frau sprach tugendreich:
„Davor behüte uns, mein Christ,
Der unser aller Helfer ist,
Daß dies hier nicht geschehe,
Und kein Mensch jemals sehe,
Unsere erste Hochzeit
Auf dieser grünen Heide weit.
Mein Freund, des will ich bitten dich,
Ach, herzlich Geliebter, höre mich,
Und laß es dieses Mal noch fahren,
Wir sollen es für zu Hause sparen,
Da will ich erfüllen deinen Willen.“

Da wolte uff der Heyde
Der Heilt by ihr geschlaffen han;
Da sprach die Frowe lobesan:
Da vor behüte uns, min Crist,
Der unser aller Helfer ist,
Daz daz iht hie geschehe,
Und kein Mensch niemer sehe
Unser erste Hohgezyt
Uff dirre grüne Heyde wyt;
Min Fründ des wil ich bitten dich,
Ach herz liep dez gewere mich,
Und laß es nun ze male varn,
Wir sond es hein(m) ze Huse sparn,
Da wil ich tun den Willen din.

Er antwortete: „Meine gnädige Frau,
Was Ihr gebietet, das will ich tun.“
Da sprach die Schöne züchtig nun:
„Du wirst es wohl genießen,
So laß es dich jetzt nicht verdrießen.
Nun setz dich wieder auf dein Pferd,
Und scheide von mir, mein Ritter wert.
Du bist auf Gottes Fährte,
Es sündigt, wer dir's verwehrte.
Dieser Sünde will ich entladen sein,
So nimm, mein Trauter, dies Ringelein,
Darin liegt ein heller Edelstein,
Der Beste unter der Sonne Schein.

Er sprach, Genade Frowe min,
Was ir gebitent daz tun ich.
Do sprach die Frow züchteclich:
Des maht du wol geniessen,
Es sol dich nit verdriessen;
Du sih reht wider uff din Pfert,
Und scheide von mir Ritter wert,
Du bist uff Goß Verte,
Er sündete, wer dir's werte,
Der Sünd will ich entladen sin,
Und se, min Trut, diz Vingerlin,
Darinne so lit ein Edelstein,
Die Sunn nie bessern überschein.

Er sprach: „Soll es nicht anders sein,
Dann trag ich‘s durch den Willen dein.
Wenn ich nun von Euch scheide,
Geschah mir noch nichts so zu leide,
Wie mir von Euch jetzt will geschehen.
Ach, wann kann ich Euch wiedersehen?
Das tut mir, werte Frau, nun kund.“

Er sprach, mag es nit anders sin,
So trag ichs durch den Willen din,
Wan daz ich von üch scheide,
So geschach mir nie so leide,
Als mir von üch hie wil beschehen;
Ach wenn soll ich üch aber sehen?
Daz tunt mir, werde Frowe, funt.

Sie sprach: „Man hat zu dieser Stund,
Das erste Mal geläutet liebevoll,
Fürwahr ich dir Liebstem sagen soll.
Reite zum Hören der Messe,
Auf daß Gott vergesse,
Alle deine Missetat.
Sobald man den Segen geben hat,
Reite, guter Ritter, wieder heim,
Und gehe dann ganz allein
Daheim in die Kammer dein,
Wahrlich, dann will ich bei dir sein.
Wenn du nur einmal wünschst nach mir,
Dann bin ich sogleich bei dir,
Und leiste, was dein Herze begehrt.“

Si sprach, man het by diser Stunt,
Gelütet Frund daz erste mol,
Für war ich, dir Liep, sagen sol,
Du solt varn hören Messe,
Durch das Got vergesse,
Alle dine Missetat;
Se man den Segen geben hat,
So rit, gut Ritter, wieder heim,
Und gange denne altersein,
Da heime in die Kammer din,
Werlich, da will ich by dir sin,
Wenn du einest wünschest nach mir,
So bin ich endelich by dir,
Und leiste weß din Herze gert.

Da sprach der edle Ritter wert:
„So will ich fröhlich reiten.“
Sie sprach: „Du sollst nicht säumen,
Sondern deine Straße dahin fahren,
Gott vom Himmel wird dich bewahren,
und tut uns beiden seine Hilfe kund.“

Do sprach der edel Ritter wert:
So wil ich frölich riten.
Sü sprach: du solt nit byten,
Du solt dahin din Strasse varn,
Von Hymel Got muß dich bewarn,
und tueg unß beden Hilfe kunt.

Mit Erlaub stand er auf vom Grund,
Und setzte seine Frau, die werte,
Nieder auf die Erde,
Auf die geblümte Heide.
(Version aus Buch von 1489:
Und hob seine Frau, die werte,
Mit Fürsorge von der Erde,
Auf der geblümten Heide.)

Da lachten sie beide
Einander tugendlich an.
Erneut umarmte der werte Mann
Das schöne liebenswerte Weib.
Auch sie umschloß seinen Leib,
Und mit beiderseitigem Gelüste
Jeder den anderen küßte,
Auf roten Mund, auf Wängelein.

Mit Urlob er da uff-gestunt,
Und saste die Frowe werde,
Nyder uff die Erde,
Uff die geblümte Heyde;
(Version aus Buch von 1489:
Und hůbe die Frowe werde,
Mit Zeüchten von der Erde,
Auff der geblůmenten Heyde.)

Da lachetent si beyde
Einander tugenclichen an;
Hie umbevieng der werde Man,
Daz schöne minecliche Wip.
Sü umbeschloß ouch sinen Lip
Und von ir beder Gluste
Jeglichs daz ander kuste
An roten Mund, an Wengelin.

Er sprach: „Gnädige Frau mein,
Wie kann ich Euch hier alleine lassen?“
Da sprach die Schöne ganz gelassen:
„Mein Lieber, das laß besorgen mich,
Denn wo ich sein will, da bin ich.
Die Wunschkraft hat mir Gott gegeben,
Und davon hab ich ein freies Leben,
Das du wohl auch genießen magst.“

Er sprach: Genade Frowe min,
Wem sol ich üch hie eine lan?
Do sprach die Frowe wol getan:
Min Liep, daz laß besorgen mich,
Wa ich wil, da bin ich;
Den Wunsch den het mir Got geben,
Davon han ich ein fryes Leben,
Des du wol geniessen maht.

Da rief der wohlgeborne Ritter
Sein gutes Pferd sodann.
Das hatte er gewöhnt daran,
Wenn er zu ihm „Geselle!“ rief,
Daß es behende zu ihm lief.
Da rief er nun: „Geselle mein!“,
Und bald kam es gelaufen fein.
Mit Freuden er gleich aufgesessen,
Ohne den Abschied zu vergessen,
Und ritt geschwinde seinen Pfad,
Der Knappe auf ihn gewartet hat.

Do ruft der Ritter wol geslaht,
Sinem guten Pferde do,
Daz hat er gewent also,
Wenn er im Geselle rieff,
Daz es behend zu im lieff;
Do ruft er im: Geselle min!
Es kam geloffen bald für in;
Mit Fröyden er daruf gesaff,
Urlob er do nitt vergasf,
Und reyt geschwinde sinen Pfat,
Der Knabe sin gebeitet hat.

Wie der Ritter zur Kirche ritt und sich Gott befahl

Sie ritten eine Weile,
Wohl eine halbe Meile,
Wo das Dorf gelegen ist.
Dort läutete man zur selben Frist
Mit gemeinsamem Schalle
Die Glocken all und alle,
Das ließ ihn schneller reiten.

Si rittent by der Wile,
Wol uff ein halb Mile,
Da das Dorf gelegen ist.
Man lüt öch by derselben Frist
Mit eim gemeinen Schalle
Die Glocken all und alle,
Davon er deste belder reyt.

Wie man gewohnt zu allen Zeiten,
Man mit dem Kreuz umherging,
Bevor danach die Messe anfing.
Da schritt der tugendhafte Mann
Behende vor den Altar dann,
Und opferte andächtig einen Gulden
auf dem Altar für seine Schulden.
Und ließ sich nieder auf die Knie
Während man das Amt beging.
Nun rief der tugendhafte Mann
Den werten Gott im Himmel an
Und auch die zarte Mutter sein,
Maria als Himmelskönigin fein:
„Ich befehle dir nun immer mehr
Alles an Leib, Seele, Gut und Ehr,
Was ich dir schon immer zugetan.“
Womit auch die Messe ein Ende nahm.
Und nachdem der Segen gegeben ward,
Begab er sich bald wieder auf die Fahrt,
Und ritt mit Freuden wieder heim,
Sein Hochgemüt, das war nicht klein.

Nach alter Gewonheit,
Mit dem Krütz man umbegie,
E man die Messe angevie
Da gie der tugenthafte Man
Behend hin für den Altar stan,
Und oppfert einen Gulden
Mit Andacht uff den Altar hin
Und ließ sich nider uff die Knie
Die Wile man das Ampt begie.
Do ruft der dugentliche Man
Den werden Got vom Himel an
Und auch die zarte Mutter sin
Maria Himelskünigin:
Ich bevilh dir iemer mere
Lip, Sel, Gut und Ere
Das han ich je an dich verlan.
Hiemit die Mess ein Ende nan(m),
Und do der Segen geben wart,
Er hüb sich balde uf die Vart
Und reit mit Fröiden wider hein(m),
Sin Hohgemüte waz nit clein.

Wie die schöne Frau wieder zum Ritter kam, als er auf die Burg in seine Kammer heimkehrte, und wie es ihm dann erging

Als er kam auf die Burg hinan,
Da eilte der tugendhafte Mann
In sein ritterliches Kämmerlein,
Mit großer Freude schnell hinein,
Und sprach: „Ach, Gott im Himmelreich,
Hätte ich die Schöne voller Liebe gleich,
Bei mir hier ganz allein,
Die ich fand auf dem Stein!“
Eh er das Wort in Gänze sprach,
Die schöne Frau er vor sich sah,
Klug und tugendhaft zugleich.
Da wurde er höchst freudenreich,
Und sprach: „Ach, schöne Frau mein,
Ihr sollt mir hier willkommen sein.“

Do er nun uff die Burge kan(m),
Do lieff der tugentliche Man
In sine Kämnate,
Mit Fröyde gar getratte
Und sprach ach Got von Himelrich,
Hette ich die schöne mynechlich,
By mir alterseine
Die ich vand uff dem Steine!
E er das Wort je voll gesprach,
Die schöne Frow er vor im sach
Klug und wydenliche;
Des ward er fröidenriche,
Und sprach: ach! schöne Frowe min,
Ir söllet willekomme sin.

Sie sprach:
„Mein Freund, Gott lohn es dir.“
Sogleich umarmte er sie mit Begier.
Als er sie so freundlich umfing
An sein Bett er mit ihr ging,
Das nach Wunsch wohlbereitet war.
Wo er und die Frau, wohlgeartet gar,
Hatten des Vergnügens viel
Mit dem süßen Liebespiel.
So war es den beiden wohl,
Wie es zwei Liebenden geschehen soll,
Die ihre vollkommene Liebe pflegen.
So versäumten sie wenig vom Segen,
Der das wonnevolle Spiel erhebt,
Weil noch nie größere Liebe erlebt,
Auf Erden weder Mann noch Weib.
Jeder hatte des anderen Leib
Mit beiden Armen umschlossen,
Und so waren sie unverdrossen.
Was zu der Liebe gehören soll,
Das konnten sie treiben wohl,
Weil sie es einander gönnten.

Sü sprach,
min Frünt, Got lone dir.
Er umbevieng so mit Begir,
Als er sy früntlich umbeving
An ein Bett er mit ir gieng,
Daz waß nach Wunsche wol gemaht.
Er und die Frowe wol geslaht
Hattent Kurzewile vil
Mit der süssen Minne Spiel;
So was in beden also wol,
Als noch zwein Lieben wesen sol
Dier ganzer Mynnen wellent pflegen;
Sy liessent wenig underwegen,
Waz zu der Mynnen hören mag,
Wan gröffer Lieby nie gepflag,
Uff Erden weder Man noch Wip.
Jetweders hat des ändern Lip
Mit Armen umbeschlossen,
Sy warent unverdrossen,
Waz zu der Mynne hören sol
Daz kundent sy getrieben wol,
Wan sis einander gunden.

In jenen Stunden die Schöne
Zu dem werten Ritter sprach:
„Mein lieber Freund, dies Gemach
Haben wir bis zum jüngsten Tag,
So daß uns niemand scheiden mag,
Tust du, wie ich sagte dir.“

Die Schöne zu den Stunden
Zu dem werden Ritter sprach:
Min lieber Frund, diß Gemach
Haben wir biß dem jüngsten Tag,
Daß uns nieman gescha(ei)den mag,
Tust du als ich nu seite dir.

„Gnädige Frau“, sprach er zu ihr,
„Was Ihr gebietet, das tue ich.
Liebste, ich ergebe mich ganz an dich,
Du sollst mit mir walten allein,
Solang ich hab das Leben mein
Und mir Gott die Sinne gönnt.“

Gnade Frowe, sprach er zu ir,
Waz ir gebietent, daz tun ich;
Lieb, ich ergib mich an dich,
Wan du solt min gewaltig sin
Diewil ich han daz Leben min
Und mir Got der Sinne gan.

Die Schöne sprach: „Mein lieber Mann,
Von mir soll dir sein gewährt
Alles Gute, was dein Herz begehrt.
Wieviel du willst, das hast du von mir,
Und ich gebe es freiwillig dir.“

Die Schöne sprach: min lieber Man
Von mir soltu sin gewert
Gutes, weß din Hertz begert;
Wie vil du wilt, daz hast von mir
Und gib es willeclichen dir.

So gab sie ihm Gutes wunderviel,
Wie ich euch berichten will,
Daß er Freunde und Gesellschaft,
Alle befriedigte tugendhaft
Mit den milden Händen sein.
Und viele konnten wohl sehen fein,
Daß er im Herzen freigebige Liebe trug,
Weil er gab Freund und Gesellen genug.

Sü gab im Gutes wunder vil
Als ich üch bescheiden wil,
Daz er Fründ und Gesellschaft,
Alle macht unnothaft
Mit der milten Hende sin;
Er ließ vil wol werden schin
Daz er ein miltes Herze trug,
Wan er gab Frund und Gsellen genug.

Wie der Ritter danach abermals zur Ritterschaft manch fernes Land bereiste, herrlich und köstlich

Danach durchfuhr der Ritter gut
Viele ferne Länder mit freiem Mut,
Wo er zuvor noch nicht gewesen,
Dahin fuhr er ritterlich verwegen,
Mit einer ritterlichen Schar.
So wurde sein Name vielen gewahr,
Grafen, Freiherren, Amtsmännern schlau
Und mancher liebenswerten Frau.
Die sprachen, daß er wäre
Ein rechter Landfahrer mit Ehre,
Den hier nichts betrübte.
Wo sich der Herr wohltätig übte,
Und in ferne Länder kam ritterlich,
Wollte er auch die schöne Frau bei sich.
Sobald sein Wunsch an sie gedacht,
War es am Tag oder in der Nacht,
Schon war sie bei ihm zur Stund
Und tat ihm alle Liebe kund
Mit Leib und auch mit Gut.
Wenn es sich so fügte wohlgemut,
Daß er sie zu sich wünschte schnelle,
Dann war sie auch sogleich zur Stelle.

Hienach durchfur der Ritter gut
Vil manig Land mit fryem Mut,
Da er vormals nit waz gesin,
Da fur er ritterlichen hin,
Mit einer ritterlichen Schar;
Sin Nam vil gnote eben war,
Grafen, Fryen, Die(n)stmann;
Und manche Frowe wunnesan,
Die sprachent, daz er wäre
Ein rehter Lantfarere,
Den da nüt bevilte;
Und wo der Herre mylte
In die wyten Lande kan(m),
Wolt er die schöne Frowe han;
Wenn er sinen Wunsch nach ir pflag,
Es were Naht oder Tag,
So waz sy by im ze Stunt
Und tett im ganzi Liebi Kunt
Mit Lip und ouch mit Gute;
Wenn es sich also fügte,
Daz er nach ir den Wunsche hat
So waz sie auch by im an Statt.

Wie der Ritter wieder heim ins Land kam, und ihm seine Freunde rieten, sich eine Ehefrau zu nehmen

So geschah es zu einer Zeit,
Als dieser Ritter war gar weit
Gefahren und lange geschieden
Von seinen Freunden, den lieben,
Daß er wieder ins Land heimkam
Zu seinen Brüdern lobesam
Und andern lieben Freunden sein.
Da wurde ihm viel Ehre im Schein,
Weil er ihnen lieb und teuer war,
Wie ich geschrieben las zuvor.

Also geschach es uff ein Zyt,
Do diser Ritter waz gar wyt
Gefaren, und waz lang gesin
Von den lieben Fründen sin,
Daz er ze Lande wider kam
Zu sinen Brüdern lobesam
Und andern lieben Fründen sin;
Da wart im michel Ere Schin,
Wan er in Liep in Trüwe waz,
Als ich davor geschriben laß;

Seine Brüder, Verwandten und mehr
Litten nur unter einer Frage sehr:
Wie man ihm gebe ein Eheweib.
Sie sprachen: „Soll sein stolzer Leib
Ohne leibliche Erben sterben?
Soll er so ganz verderben,
Daß er soll haben keine Kinderlein?
Das muß uns jammerschade sein,
Sehr gern gäbe ihm ein Fürst sein Kind,
Davon wir alle unterrichtet sind.“

Sin Brüder und die Mäge
Leytend daruff Läge,
Wie man im geb ein elich Wip;
Sü sprachent soll sin stolzer Lip
One Lybeserben sterben,
Sol er alsus verderben
Daz er sol han enkeines Kindelin?
Daz muß uns iemer Schaden sin,
Vil gern git im ein Fürst sin Kint,
Davon wir yemer beraten sint;

Um ihn zu beraten allzumal,
Trafen sie sich im Rittersaal,
Wo sie mit Zucht und Sitten
Ihn darum wollten bitten,
Weil es wohl seiner Ehre gezieme,
Daß er sich eine Ehefrau nehme.
Nachdem sie da Freude hatten viel
Mit Tanz, Gesang und Saitenspiel,
Zuletzt an diesem Tage gutgemeint
Wandten sie sich alle an ihn vereint,
Diesen Freund und werten Gast.

Das wurdent sy ze rate
In einer Kemenate,
Daz sy mit Zuht und Sytten
Darumbe in wolten bitten,
Wan es sü duht sinr Ere gezem,
Daz er ein elich Frowe nem.
Als sy do Fröid gehattent vil
Mit Liep und Fröid und Seitenspil,
Ze lest uff einen Tag allein
Nament sy in an ein ein
Disen Fründ und werden Gast.

Sie sprachen: „Lieber Freund, du hast
Ehren und auch Gut sehr viel.
So ist es wohl auch ein Ziel,
Daß du sollst eine Ehefrau haben,
Die deinen Ehren wohl geziemt.
Darum bitten wir nun alle dich,
Du bist ein Held so ritterlich.
Solltest du aus dem Zeitlichen gehen,
und kein edler Erbe nach dir stehen,
Das wär uns allen Schande und Leid.
So ist doch mancher Fürst bereit,
Der dir seine Tochter gönnte wohl.
Dein Herz dies bedenken soll,
Daß du willst dazu bereit sein,
Zur Ehre aller Freunde dein,
Und wirst erheben dein Geschlecht.
Es ist doch geziemend und gerecht,
Daß du eine Gemahlin hast als Mann,
Die dir sittsam dienen kann.“

Sü sprachent: lieber Frünt, du hast
Eren und ouch Gutes vil;
So ist es ouch wol uff dem Zil,
Daz du solt ein E-wip han
Die dinen Eren wol gezan(m),
Des byttent wir nun alle dich,
Du bist ein Helt so ritterlich
Soltestu von Zite gan,
und keinen Erben nach dir lan,
Daz wer uns allen Schand und leit;
So ist noch manig Fürst gemeit
Der dir sin Dohter gunde wol.
Din Herz dazu gedenken sol,
Daz du des wellest völgig sin,
Des habend Er die Fründe din,
Und wirt erhebet din Gesleht;
Es ist ouch simlich und reht,
Daz du solt ein Gemahel han,
Die din mit Zucht gewarten kan.

Der Ritter von der Rede erschrak,
„Meine lieben Freunde“, er sprach,
„Ich kann mich nicht bezähmen lang,
Mir ist zu manchem noch der Drang,
Was zur Ehe nicht gehört.
Denn die Ehe gar viel zerstört,
Mancherlei der Freuden viel,
Davor ich mich noch behüten will.
Ich wünsche ein freies Leben solang,
Ich noch heiße ein »junger Mann«.“

Der Ritter von der Red erschrak,
Min liben Frund, sprach er, ich enmag
Mich selber nitt gezemen nach,
Mir ist ze manger Hande gach
Daz zu der E nitt höret;
Die E gar viel zerstöret
Manger Hande Fröyden vil,
Davor ich mich noch hüten wil;
Ich wil ein fryes Leben han,
Die wil ich heys ein junger Man;

Mit solcher Rede und der Worte Sinn,
Rettete er sich vor den Freunden hin,
Daß sie es ließen bleiben
Und wollten ihn nicht treiben.

Mit diser Red und andern Worten sin
Rett' er sich von den Fründen hin
Daz si es liessend bliben
Und woltent in nit tryben.

Doch nicht lange danach,
Nahmen sie sich ihn abermals vor,
Und brachten einen weisen Mann,
Der sollte es ihm tragen an,
Weil er sein Nahverwandter war.
Nachdem er viel Rede brachte dar,
Weil er wohl reden konnte viel,
Da sprach er: „Lieber Freund, ich will
Dich bitten mit deinen Brüdern
Und allen, die hier bei dir sind,
Daß du uns die ernste Bitte gewährst.“

Doch über unlange gar
Nament sy in aber har,
Und brochtent einen wysen Man,
Der solt es aber tragen an,
Derselb sin naher Sippe waz.
Da er vil Red im vor gelaß,
Wan er wol kunde reden vil,
Da sprach er, liber Fründ, ich wil
Dich bytten und die Brüder din,
Und alle die hie by dir sin,
Daz du unß wärest der ersten Bett.

Der Ritter sprach: „Mein Herz, das hat
Geschwinde dessen beraten sich:
Was ihr gebietet das tue ich,
Außer eins, ich will kein Eheweib.
Sollte man darum meinen Leib
Auch zu Riemen zerschneiden,
Diese Ehe will ich vermeiden.
Das sei euch allen vorausgesagt.
Dies sprech ich aus mit meinem Eid,
Solcher Rede mögt ihr mich verschonen,
Soll ich noch gerne bei euch wohnen.“

Der Ritter sprach, min Herz daz hett
Geschwinde deß beraten sich,
Waß ir gebietet daz tun ich,
On eins, ich wil kein elich Wip;
Solte man darumb min Lip
Ze Riemen gar zerschniden,
Die E die wil ich myden,
Daz sy üch allen vor geseit;
Ich sprich diez uff minen Eyd,
Die Rede sond ir mich erlan,
Wellent ir mich gern by üch han.

Darauf der Alte mit Güte sprach:
„Ist Euch die Rede ungemach,
Die ich gehalten hab zu Eurem Segen?
Ich wähnte nicht im Unrecht zu reden,
Das nehme ich auf die Treue mein.
Ich tat es für die Ehre dein,
Und will dir die Rede zuwider sein,
So sei sie nichtig, mein guter Freund.“

Der Alte da mit Zuhten sprach,
Ist uch die Red als Ungemach,
Die ich durch Truw üch han getan,
Ich wonde nitt alz Unrecht han,
Daz nim ich uff die Truwe min;
Ich tet es durch die Ere din,
Wil es dir denn so wider sin,
So sye nüt, gut Fründe min.

Wie die schöne Frau zum Ritter kam und ihn vor dem Rat der Freunde warnte

(Wie die schöne Frow kam zu dem Ritter und in warnet vor der Fründen Rat ec.)


Bild der Handschrift. Quelle: Engelhardt Tafel 1

Danach schwieg die Rede.
Und es fügte sich dann zuwege,
Daß die Nacht herangezogen kam.
Da wurde dem jungen Ritter gram,
So daß er schlafen gehen wollte.
Er rief, wie ihm geziemen sollte,
Seinen Knappen zum Leuchten heim.
Das tat der Jüngling willig fein,
Und so nahm der Ritter wohlbedacht
Von allen Abschied zur guten Nacht,
Besonders weil er so betrübet war.
Und seinem Knappen gebot er danach,
Daß er auch ging in sein Gemach.

Der Rede ward geswigen da;
Und gefugt es sich aber also,
Daz die Nacht harzu gezoch
Da wart dem jungen Ritter gach,
Daz er schlafen keme;
Er hieß vil gezeme
Im sinen Knaben zünden nyder;
Do rett der Jüngling nüt wyder,
Und nam der Ritter wol geslaht
Von in allen gute Naht,
Wan er zemal betrübet waz.
Sinen Knaben hieß er, daz
Er ouch gieng an sin Gemach.

Zu sich selber er dann sprach:
„Ach, geliebte Frau mein,
Mein Herz begehret dein.“
Und wie er den Gedanken hegte,
Sich die Liebste in seine Arme legte.
Und sprach: „Mein Lieber, was fehlt dir?
Sehr bekümmert bist du wegen mir.
Ein Eheweib will man dir geben,
Dann wird dir dein wertes Leben,
Geliebter, schon bald verwehrt.
Ich wollte wohl, ich hätte entbehrt,
So daß ich nie geworden wär dein Weib.
Denn dein junger, milder, starker Leib,
Der muß mich nun ewig bekümmern.

Zu im selber, er da sprach,
Ach hertze liebe Frowe min,
Min Hertze, daz begeret din;
Und do er des Gedankes pflag
Sin Lieb an sinem Arme lag.
Sü sprach: min Trut, was bristet dir?
Bekümert so bistu von mir;
Ein elich Wip wil man dir geben,
So hastu, Liep, din werdes Leben
Gar geschwinde verlorn.
Ich wolte wol ich hett enborn,
Daz ich nie worden wer din Wip;
Din junger, milter, starker Lip
Der muß iemer rüwen mich.

Da sprach der Ritter ohne Wimmern:
„Mich kann niemand dazu überreden.
Oh Geliebte, was ich gelobt im Leben,
Das leiste ich dir bis zum Tod von mir.“

Do sprach der Ritter lobelich,
Mich nieman des überreden kan;
Waz ich dir, Liep, gelobt han
Das leist ich dir biß an den Tod.

Sie sprach: „Mein Trauter, ich rate dir.
Man wird dich anfechten viel,
Weil man dich nicht so lassen will,
Sondern ein Eheweib dir geben.
Dann sollst du zu deinen Brüdern reden,
Und deinen liebsten Freunden,
Und sie mit Worten so bescheiden:
Ein Eheweib mit dir verbunden sei,
Die weilt dir allezeit schon bei,
Wohin du in den Ländern fährst
Und was Gutes du da verzehrst
Das gibt sie dir, deinem Herzen vertraut.
Und sag es ruhig und allen laut,
Wie ich mit dir gelebt sodann.
Das erlaub ich dir, mein lieber Mann,
Und laß dich niemals überreden,
Oder dir geschieht wahrlich im Leben,
Was ich dir vorausgesagt!“

Sü sprach, min Trut, ich gib dir Rot,
Man wirt dich ankeren vil,
Daz man dich nit erlassen wil,
Man welle dir ein Ewip gen;
So soltu dinen Brüdernen
Und die liepsten Fründe din,
Den tu also mit Worten schin
Ein Ewip mit dir bekümert sy,
Die won dir allezite by,
Wa du in den Landen verst
Und waz du Gutest da verzerst
Daz geb sy dir, dins Herzen Trut;
Und sag es still und überlut,
Wie ich mit dir gelebet han,
Daz erloub ich dir, min lieber Man,
Und lass dich überreden nicht,
Oder werlich dir geschiht
Waz ich dir gesaget han!

Damit begann zu dämmern der Tag.
Die schöne Frau ihren Abschied nahm,
Und der Ritter erhob sich lobesam.
Vom Himmel er dann Gott anrief
Aus dem Grunde seines Herzens tief,
Wie er es jeden Morgen tat,
Wenn er aufstand von seinem Bett.

Hiemit begund der Tag uffgan;
Urlop die schöne Frowe nam.
Uff Stund der Ritter lobesam
Von Himel Got er ane rieff
Us Grunde sines Herzen tieff,
Als er ouch alle Morgen tett,
Wen er uffstund von sinem Bett.

Wie der Ritter zum Hof nach Frankfurt zu einem Römischen König kam

Zu dieser Zeit fügte es sich
Von der Geschichte sonderlich,
Wie ich die Sage vernahm,
Nach Frankfurt ein Fürst kam,
Den man wollte zum König haben.
Da sah man auch viele Herren antraben,
Fürsten, Grafen, Freiherrn in Mengen,
Alle auf den Hof sich drängen,
Auch manch werter Amtsmann
Auf denselben Hofe kam
Für des Königs Ehre.

In disen Ziten fügt es sich
Von Geschihte sunderlich,
Als ich die Mer vernumen han,
Gen Frankefurt ein Fürst kam,
Den man ze Künige wolt erhaben,
Dar sah man ouch vil Herren traben,
Fürsten, Graven, Fryen
Aluff den Hofe schryen,
Ouch manger werder Dienstman
Alluff denselben Hofe kam
Durch des Küniges Ere.

Der werte Ritter, der hehre,
Von dem ich euch hier berichtet,
Aus Verehrung auch zum Hofe ritt,
Mit einer wunderlichen Schar.
Von seinen Verwandten hatte er gar
Wohl dreißig bereitet zu der Reise,
Denen gab der Ritter in freigebiger Weise
Roß, Harnisch und auch Pferd,
Kostbar, dem wohltätigen Ritter wert,
Und alles Gute, was sie haben wollten.
Da traten seine Brüder vor ihn hin,
Und hießen ihn die Reise meiden,
Denn er könne nicht erleiden
Die großen Kosten dafür dann.

Der werde Ritter here,
Von dem ich üch hie han geseit,
Mit Eren uff den Hof ouch reyt
Mit einer wuneclichen Schar;
Er hatte siner Mäge dar
Wol dryssig uff die Vart bereit,
Den gab der Ritter unverseit
Ross, Harnesch und Pfert,
Koftlich, der milte Ritter wert,
Und Gutes was sy soltent han.
Sin Bruder giengent für in stan
Die Vart hiessentz in miden,
Er möht sin nitt erliden,
Den Kosten den er wölte han.

„Nein“, sprach der tugendhafte Mann,
„Was ich an Gutem nicht verwehre,
Davon mir Gott noch mehr beschere,
Und seine werte Mutter zart.“
So ritten sie gemeinsam auf die Fahrt,
Die Brüder und Verwandten sein.
Dort wurde ihm viel Ehre Schein
Erboten von manchem Mann,
Der auch zum Hofe kam.

Nein, sprach der tugenthafte Man,
Waz ich Gutes kan verzern,
Noch me mag mir Got beschern,
Und sin werdy Muter zart.
Sy rittent mit im uff die Vart,
Die Bruder und die Magen sin;
Da wart in michel Ere Schin
Erbotten vil von mangem Man,
Der ouch dar ze Hofe kam.

Als man in sah so prächtig reisen,
Konnte manch edler Fürst ihn preisen,
Sie sprachen: „Das ist der werte Held,
Der allezeit sich tapfer hält,
Wagt seinen Leib und auch sein Gut.
Dazu hat er kühnsten Mut,
Daß keiner ihn besiegen kann.“
Da fragte der König lobesam:
„Wer ist der Ritter, der so viel wagt?“

Do man in sah so rilig varn,
Vil manges edeln Fursten Parn,
Sprachent, daz ist der werde Degen,
Der allezyt sich het verwegen
Lybes und Gutes;
Er ist so freches Mutes
Daz in nieman kan bestan.
Da sprach der Künge lobesan,
Wer ist der Ritter unverseyt?

Das wurde dem König gleich gesagt,
Mit Schall sprach da des Königs Zwerg:
„Es ist der Wohltätige von Staufenberg,
Den sehe ich so ritterliche fahren:
Gott im Himmel möge ihn bewahren,
Denn er ist ritter- und tugendlich zugleich.
So machte er manchen Armen reich,
Und bevor dieser Hof ein Ende nimmt,
Ehrt er noch mancher Mutter Kind.

Daz war dem Künc gereyt;
Mit Schalle, sprach des Küngs Getwergh:
Es ist der milt von Stouffenberg,
Den syh ich ritterliche varn;
Von Himel Got muß in bewarn,
Wan er vert so weydeclich,
Er machet mangen Armen rich;
E diser Hof ein Ende nimt,
So eret er maniger Muter Kint.

Wie der König den Ritter empfing und er zu Hofe so ritterlich kämpfte

Der König den Ritter wohl empfing
Und ehrend ihm entgegenging,
Weil er schon viel von ihm gehört bisher.
Nun erfreute ihn seine Ankunft sehr,
Und daß er ihn hier sehen sollte so,
Dessen war der Fürst sehr froh,
Auch daß er zu seinen Ehren kam.
Dafür dankte ihm der werte Rittersmann,
Und auch die lieben Verwandten sein,
Verneigten sich tief vor dem König fein.

Der Küng den Ritter wol enpfie,
Mit Zuht er im entgegen gye,
Wan im waz vil von im geseit;
Siner Kunft, waz er gemeit
Daz er in solte sehen do,
Des waz der Fürste harte fro,
Daz er zu sinen Eren kam.
Des danket im der werde Man,
Und ouch die lieben Magen sin,
Die nygent tyeff dem Künge hin;

Dann begann ein Ritterturnier zur Lust,
Da wurde mancher auf seine Brust
Hart gestoßen, daß er fiel sodann,
Und das Blut aus seinem Munde rann.
Da bereitete sich auch von Diemringer
Herr Petermann, der Ritter, her,
Und ritt schallend auf den Platz.

Sich hüb ein ritterlicher Just,
Vil manger wart uff sine Bruft
Gestossen, daz er balde viel,
Daz im daz Blut zem Mund us wiel.
Do bereit sich ouch von Temringer
Her Peterman der Rytter her,
Und reyt mit Schalle über Hoff.

Das sahen so mancher Bischoff
und viele Frauen rein und klar,
Selbst der König nahm ihn wahr.
Wer gegen ihn ritt zum Duell,
Die streckte er alle schnell,
Geschwinde zu der Erde.
Weil er nach seinem Werte
Konnte jeglichen wahrhaben,
So schonte er die jungen Knaben.
Und wer ihm auswich auf dem Parkour,
(Für den ritt er auch schleichend,)
So daß er kein Leid von ihm erfuhr.

Des waret manig Byschoff
und vil mange Frowen klar;
Der Kunig nam sin selber war.
Waz der Stecher an in reyt,
Die hat er alle bald geleit,
Geswinde zu der Erde,
Wan er nach sinen Werden
Kunde jeglichen erhaben;
Er schonte da der jungen Knaben,
Und wer im uff dem Hof entweich,
(Für den reit er vnnd schleich)*
Daz im kein leyt von im geschach.

Manch reine Edelfrau sprach:
„Von Staufenberg, der milde,
Wirbt hier mit seinem Schilde,
Daß ihm die Ehrenfahne wohlgebührt.“
Und als das Turnier zu Ende geführt,
Wurde ihm der Ehrenpreis gegeben.
Der Ritter mild und hoch im Segen
Erntete Lob, Ruhm und Ehre reich
Von allen Frauen hier sogleich.
Und alle, die ihn jemals sahen,
Von seiner Zucht und Ehre sprachen.

Vil mange reyne Frowe sprach,
Von Stouffenberg der milte,
Wirbt hie mit sinem Schilte,
Daz er wol fürt der Eren Van.
Und do der Hof ein Ende nan(m),
Im ward die Ere zu geseyt;
Der Ritter milt und wol gemeyt
Hat Lob und Rum und Ere
Von allen Frowen here,
Und alles daz in je gesach,
Von siner Zuht und Ere sprach.

Wie der König mit dem Ritter redete und ihm seine Nichte zur Ehefrau geben wollte

Als nun der Ritter war bekannt,
Der König zu dem Ritter sandt,
Daß er vor ihm erschiene.
Da ging der höchst Gezieme,
Mit allen seinen Gesellen,
Zum König, dem Erwählten.
Und als er vor den König kam,
Da sprach der Fürst lobesam
Zu dem Ritter unverzagt:
„Euch hat ein seliger Tag betagt,
Daß ihr zu diesem Hof gekommen seid.“

Als nun der Ritter waz bekant,
Der Künig den Ritter da besant,
Das er für in keme;
Do ging der vil gezeme,
Mit den, die er mit im braht, dar,
Für den erwelten Künig gar;
Und da er für den Künig kam,
Da sprach der Fürste lobesam
Zu dem Ritter unverzaget:
Uch het ein seliger Tag betaget,
Daz ir ze Hoff sind komen her.

„Gnade, edler Fürst“, gab der Bescheid,
„Ich und meine lieben Verwandten,
Sind zu Euren Ehren gekommen her,
Weil wir Euer wohlbedürfen.“

Gnad, edler Fürst, also sprach er,
Ich und die lieben Magen min,
Zu üwren Eren kommen sin,
Wan wir bedörfent üwer wol.

Der König sprach: „So will ich Euch helfen,
Und auch Euren Verwandten allen.
Denn mir ist es so zugefallen,
Daß ich eine einzige Nichte habe,
Die ist eine wahre Tugendgabe,
Und so lieblich an Gestalt.
Achtzehn Jahre ist sie alt,
Vater und Mutter hat sie verloren,
Und so bin ich auserkoren,
Daß ich sie Euch zur Ehe gebe.
Und mehr noch will ich sagen:
Dazu geb ich Euch des Landes viel,
Wie ich Euch bescheiden will,
Daß Ihr darüber herrschen könnt.
So sei Euch das Fürstentum gegönnt,
Mit meiner Nichte und euren Kindern,
Denn ihre Herrschaft ist zu Kärnten.“

Der Künig sprach, ich üch helfen sol,
Und ouch inen allen;
Wan es ist also gefallen,
Daz ich ein einig Mumen han,
Die ist so reht wol getan,
Und so mineclich gestalt;
Achzehen Jare ist sü alt;
Vatter und Mutter sind ir tot,
Der Gewalt wol an mir stot,
Daz ich sü üch gib zu der E,
Und wil ich sagen darzu me,
Ich gib üch Landes darzu vil,
Als ich üch bescheiden wil,
Daz ir des gewaltig sind,
Ein Herre wol und üwer Kind,
Mit miner Mumen werden;
Ir Herschaft ist ze Kerden.

Da wurde der Ritter ganz bleich,
Weil er erschrocken war sogleich,
Daß er nicht konnte sprechen.
Und die werten und frechen
Fürsten sprachen ringsherum:
„Herr, wie steht Ihr so stumm,
Daß ihr keine Antwort gebt
Und dem König widerstrebt?“

Da wart der Ritter missevar,
Wan er erschroken was so gar,
Daz er nüt mohte sprechen,
Die werden und die frechen
Fürsten sprachen alle do,
Herre wie tund ir also,
Daz ir nit Antwurt gebent
Und also widerstrebent?

Davon war nun der König betrübt
Und sprach: „Werter Ritter, wohlgeübt,
Du wähnst vielleicht, ich spotte dein.
Nein, wahrlich, auf die Treue mein,
Du sollst freilich meine Nichte nehmen,
Keinem andern Fürsten will ich sie geben.“

Davon der Künig betrübet wart;
Er sprach, vil werder Ritter zart,
Du wenst villiht, ich spotte din,
Nein werlich, uff die Truwe min,
Du solt frylich min Mumen nen(m),
Die ich nye Fursten wolte gen.

Und als der Ritter sich besann,
So daß er wieder zu sich kam,
Da sprach er: „Herr, seid gnädig mein,
Eure Nichte, edel und fein,
Die solltet ihr geben einem Mann,
Der sie mit Ehren wohl haben kann
Und ihr auch angemessen sei,
Denn ihre Geburt ist hoch und frei.
Es würde ihr nicht geziemen,
Mich armen Ritter zu nehmen.“

Und do der Ritter sich versan,
Daz er zu im selber kan(m),
Da sprach er: Gnade Herre min,
Die Maget edel und vin,
Die sond ir geben einem Man
Der sü mit Eren wol mag han,
Und ir ouch gemasse sy,
Won ir Geburt ist hoch und fry;
Es wer ir ungezeme;
Daz sy mich Armen neme.

Darauf der König sprach:
„Guter Ritter, dir sei gesagt:
Gäbe ich sie einem armen Knecht,
Auch das wäre ihr billig und recht,
Und sie würde ihm untertänig sein.
Das weiß ich von der Nichte mein.“

Do sprach der Künig so zehant:
Dir tu ich, Ritter gut, bekannt
Und geb ich ir einen armen Knecht,
Es duht sy billig und reht,
Und müst im untertänig sin,
Daz weiß ich an der Mumen min.

Als sich der Ritter wollte wehren,
Begann sich mancher Fürst zu beschweren:
Er wär ein unbesonnener Mann.
So sprachen die Fürsten dann,
Die diese Rede hörten wohl.
Der Saal war von Landesherren voll,
Mancher Bischoff auch darinnen war,
Die nun den Ritter fragten klar:
Ob er schon hätt eine Ehefrau?

Do sich der Ritter wolte wern,
Vil maniger Fürst begunde swern,
Er wer ein unversinnter Man,
Sprachent die Fursten wol getan,
Die dise Rede hörtent wol.
Der Sal waz Landes-Herren vol,
Vil Byschoff ouch darinne was,
Die den Ritter fragtent daz,
Ob er ein Ewip hette?

Da gestand der Ritter aufrecht und treu:
„Ja, ich hab ein liebevolles Weib,
Sie hat den allerschönsten Leib,
Den je ein Menschenauge sehen mag.
Mit ihr hab ich den Ehevertrag,
Und wenn ich in den Ländern reise,
Dann bewahrt sie mich allzeit weise,
Und ist auch, wenn ich will, bei mir.
Dazu hab ich des Guten viel von ihr,
Was ich auch verzehren mag,
Sei es bei Nacht oder bei Tag.
So gilt sie mir als Ehefrau ganz klar.
Was ich euch sage, das ist wahr:
Wenn ich nehme ein andres Eheweib,
Dann stirbt mir mein junger Leib
Danach am dritten Tage.
Es ist wirklich wahr, was ich euch sage!
So konnt ich es von meiner Frau hören,
Und diese Rede soll mein Eid beschwören.“

Do sprach der Ritter stete,
Ich han ein mynecliches Wip,
Sy hat den allerschönsten Lip,
Den Menschen - Dug je gesah,
Mit der so han ich das Gemah,
Wa ich in den Landen var,
So nymet si min alzit war,
Und ist ouch, wenn ich wil, by mir;
Darzu so han ich Gutz von ir,
Wie vil ich verzeren mag,
Beyde Naht und ouch Tag,
Daz git mir alz min Frowe clar;
Daz ich üch sage daz ist war,
Wenn ich nim ein elich Wip,
So stirbt mir min junger Lip,
Darnach an dem dritten Tage;
Es ist war was ich üch sage,
Also mir min Frowe seyt,
Die Red ist war uff minen Eit.

Da rief ihm ein Bischof entgegen:
„Herr, laß mich die Frau sehen!“
Darauf sprach der ritterliche Mann:
„Sie läßt sich von keinem sehen an,
Außer ich bin ganz allein.“
Da sprachen sie alle gemein:
„Dann ist sie kein wahres Weib,
Und Ihr verliert Seele und Leib.“

Do begund ein Byschof yehen:
Herr, land mich die Frowe sehen!
Do sprach der ritterliche Man:
Sy lat sich nieman sehen an,
Denn mich alterseyne.
Sy sprachent allgemeyne,
So ist sy nüt ein rehtes Wip;
Ir verlyeret Sele und Lip.

Weiter sprach ein alter Kaplan (Pfaffe):
„Ihr seid doch ein Christenmann!
Warum seid Ihr so gesinnt,
Daß Ihr den Teufel meint,
Für alle reinen Frauen zart?
Was Gutes je auf Erden ward
Gesprochen oder gesungen,
Davon seid Ihr abgedrungen,
Vor Laien und vor Pfaffen.
Der Teufel hat sich erschaffen
Für Euch zu einem Weib.
So muß die Seele in Eurem Leib
Immer und ewig sein verloren,
Weil ihr reinen Frauen abgeschworen.
Der Teufel aus der Hölle
Ist nun Euer Schlafgeselle.“

Sprach ein alter Cappelan,
Und sind ir doch ein Krystenman,
Wie sind ir so besynnet;
Daz ir den Tüfel mynnet,
Fur alle reyne Frowen zart?
Waz Gutes ye uff Erden wart
Gesprochen oder gesungen,
Davon sind ir vertrungen,
Von Leyen und von Pfaffen;
Der Tüfel sich geschaffen
Hett zu einem Wibe;
Die Sel in uwerm Libe
Muß eweclich sin verlorn,
Wan ir hand reyne Wip versworn;
Der Tüfel in der Helle
It üwer Schlafgeselle.

So wurde zu ihm gesprochen viel,
Welche Rede ich hier abkürzen will.
So überredete ihn die Pfaffenheit, ach,
Daß der Ritter an der Stätte sprach:
„Was der König gebietet mir,
Das tue ich willig hier.“
Sogleich ihm da verlobet ward
Die reiche Nichte von hoher Art,
Daß sie seine Ehefrau sollte sein.
Der König tat ihm auch helfen fein,
Und gab an reichem Brautschatz viel.

Mit im wart gesprochen vil,
Die Red ich hie bekürzen wil.
Die Pfaffheit hat in überrett,
Daz der Ritter an der Stett
Sprach: was der Künge heisset mich,
Das tun ich gewilleclich.
Zer Stund im da gelobet wart
Die Maget rich, von hoher Art,
Daz sü sin Ewip solte sin;
Der Künig tet im ouch Helfe Schin
Und gab Cleynoten gar vil.

Der Ritter sprach zum selben Ziel:
„Ihr sollt mir die Jungfrau
Senden nach Ortenau.
Da will ich die Hochzeit feiern.“
Das gelobte ihm der König gern.
Und sogleich eine Frist man machte
Bis man ihm die Jungfrau brachte.

Der Ritter sprach zem selben Zil:
Ir söllet mir die Junpfrowe
Senden gen Mortenowe,
Da wil ich die Hohzit han,
Daz glopte im der Küng hin dan;
Ein Zil wart gemaht
Das man im die Junpfrow braht.

Wie die schöne Frau abermals in der Nacht zum Ritter kam und ihm voraussagte, daß er nach der Hochzeit sterben müsse

Nachdem dies verabredet ward,
Begab sich der Ritter auf die Fahrt,
Mit den Seinen er nach Hause strebte.
Als er sich dort zur Nacht hinlegte,
Wünschte er nach seiner Frau liebreich,
Und die Schöne war bei ihm sogleich,
Die ihn mit Treue pflegte jeden Tag.
Und als der Ritter in ihren Armen lag,
Sprach sie: „Ach, herzenslieber Gatte,
Was ich dir immer verboten hatte,
Darin willst du nicht folgen mir!“
Er fragte: „Liebe Frau, was meinet ihr?“

Do diß also gelobet wart,
Der Ritter hub sich uff die Vart;
Mit sinen er dannen reyt.
Da er ze Naht sich hat geleit,
Er wünschte nach der Frowen sin,
By im so waz die Schöne vin,
Die sin ye mit Trüwen pflag,
Der Ritter an irm Arme lag.
Si sprach, ach herze lieber Man,
Waz ich dir ye verbotten han,
Des wiltu wenig volgen mir!
Er sprach: Frowe min, waz meinet ir?

Die Schöne sprach: „Es tut mir wehe,
Eine andere Frau nimmst du zur Ehe,
Was dich wohl ewig reuen mag.
Denn du lebst nur bis zum dritten Tag,
Nachdem sie dir wurde verbunden.
Das wird mein Herz schwer verwunden!
Dir sag ich, was geschehen muß:
Ich will sehen lassen meinen Fuß,
Über jeder Frau und jedem Mann,
Wenn deine Hochzeit fängt an.
Sobald dein Auge das gesehen,
Sollst du nicht länger säumen,
Und alsbald beichten,
Beim Priester, dem hochgeweihten.
Und sollst den Leib des Herrn empfangen,
Und den Priester bitten und bangen,
Daß er dich Geringen salbe
Mit dem heiligen Öl auch balde.
Denn das tut dir wahrlich Not,
So bringt Gott deiner Seele Rat im Tod.“

Die Schöne sprach: da tüt mir we,
Ein Wip, daz nimmest zu der E,
Daz dich wol yemer rüwen mag;
Du lepst untz an den dritten Tag,
Wenn si dir vereinet wirt;
Min Herz niemer daz verbirt!
Dir sag ich daz geschehen muß,
Ich wil lan sehen minen Fuß,
Bede Frowen und Man,
Wenn din Hohzit vohet an;
So din Ouge daz gesiht,
So solt dich sumen länger nicht,
Und solt balde byhten,
Bim Priester hoh gewihten,
Und solt Got enphohen;
Den Priester heyß denn gohen,
Das er dir vil geringe,
Daz heilig Oel ouch bringe,
Das tut dir werlichen Not,
Got tüg diner Sele Rot.

Da gedachte der Ritter wohlgewagt,
Was ihm die Pfaffen haben gesagt,
Daß sie vielleicht lüge
Und ihn der Teufel betrüge,
Und glaubte fürwahr der Weisen Lehre.
Also schied von dem Ritter hehre,
Die schöne Frau mit großer Liebe,
Und überließ ihn sorgenvoller Triebe.

Da gedoht der Ritter hohgemeit,
Waz im die Pfaffheit hat geseit,
Daz sy villihte lüge
Und in der Tufel trüge,
Vnd gloupte baß der Wisen Ler.
Also schied von dem Ritter her,
Die schöne Frowe mynenclich;
Der Ritter sorget wunderlich.

Wie die Jungfrau zum Ritter heimgeführt wurde, und wie über der Hochzeitstafel ein Fuß durch die Decke kam

So hatte der Ritter viel nachgedacht,
Bis ihm die Jungfrau wurde heimgebracht,
Nach Staufenberg mit manchem Mann
Und schönen Frauen lobesam.
Auch kam aus dem Umland gar
Manche reichgeschmückte Schar
Von Herren und von Frauen,
Die ließen sich da schauen,
Dem edlen Ritter zur Ehr.

Hiemit der Ritter vil gedoht,
Und wart die Junpfrow hein gebroht
Gen Stouffenberg mit mangem Man
Und schönen Frowen lobesan;
Ouch kerte von dem Lande dar
Vil mange wunnencliche Schar
Von Herren und von Frowen,
Die sich da liessent schowen
Durch des Ritters Ere.

Was soll ich sagen mehr?
Als man dort zu Tische saß
Und an dem ersten Essen aß
In einem wunderschönen Saal,
Da sah jeglicher überall,
Sowohl die Frauen als auch jeder Mann,
Und wer noch zu dem Hofe kam,
Wo der Ritter neben der Braut saß,
Da sah man klar und deutlich, daß
Etwas durch die Decke stieß.
Ein Menschenfuß sich sehen ließ,
Nackt, in dem Saal, bis an die Knie!
Auf Erden wurde schöner nie,
So ein lieblicher Fuß gesehen,
Das mußten alle Menschen zugestehen.
Der Fuß über dem Saal im Lichterschein
War weißer als jedes Elfenbein.

Waz sol ich sagen mere,
Da man obe Tysche saß
Und an dem ersten Essen waz
In einem wunenclichen Sal,
Da sah menglich überall
Beyde Frowen und Man,
Und wer ye dar ze Hofe kan(m),
Der Ritter saß gegen der Brut,
Da sah man still und uberlut
Daz neys waz durch die Büni stieß;
Eins Menschen Fuß es sehen ließ
Bloß, in dem Sal, uns an die Knie!
Uff Erden so wart schöner nie,
Noch mynnenclicher Fuß gesehen,
Daz mußtent alle Menschen jehen;
Der Fuß über den Sal erschein
Wisser denn je Helfenbein.


(Hinweis: Im Gedicht wird nicht berichtet, daß auch der König anwesend war.)

Als alle den Fuß gesehen hatten,
Da schrie der Ritter auf und sprach:
„O weh, O weh, mir armem Mann!“
Sein Haar er zu raufen begann,
Und riß es aus dem Haupte sein.
Er sprach: „Vielgeliebte Freunde mein,
Ihr habt mich und euch verderbt!
Nun seid ihr des Glücks enterbt,
Denn in drei Tagen bin ich tot!“

Do menglich den Fuß ersach,
Do schrey der Ritter und sprach:
Owe, Owe, mir armen Man;
Sin Hare rouffen er began,
Und zert es us dem Houpte sin;
Er sprach, vil lieben Fründ min,
Ir hand mich und üch verderbet;
Nun so sind ir enterbett!
Ueber dryg Tag bin ich tot!

Viele Gäste waren aufgesprungen
Und in den Raum vorgedrungen,
Durch den der Fuß gestoßen war.
Und als sie kamen in den Saal,
Sahen sie niemanden überall.
Sie suchten hin, sie suchten her,
Doch fanden sie da niemand mehr.
Und würden sie heute suchen noch,
Sie könnten nirgends finden ein Loch.
In der Decke war kein Spalt zu orten,
Der Saal war wieder ganz geworden.
Weil aber der Fuß von dort kam,
So sprachen Frau und Mann,
Der Teufel hätte das getan,
Und wunderten sich sehr daran.

Vil manger ufgesprungen hat,
Und lieffend uf den Palast hin,
Dadurch der Fuß was gestossen in.
Und da sü koment uf den Sal,
Sü sohent nieman überal;
Sü suhtent hin, sü suhtent har,
Sü wurdent niemans da gewar,
Und hettent sü gesuchet noch,
Sü kundent vinden niena Loch;
Durch die Büny waz kein Schrantz,
Der Sal waz worden wider gantz.
Do der Fuß von dannen kan(m),
Es sprachent Frowen und Man,
Der Tufel hette daz getan,
Vil grosses Wunder wart dovon.

Wie der Ritter das heilige Sakrament empfing und starb

Als dies nun war geschehen,
Da bat der Ritter mit Flehen,
Ihm einen Priester zu bringen.
Das Flöten, Tanzen und Singen
War nun alles niedergelegt.
Da wurde mancher Ritter tieferregt,
Und es weinte manch schönes Weib,
Als man sah des Ritters Leib
Sich so kläglich gebärden.

Do diß also nun waz getan,
Da hieß der Ritter bald gan
Im einen Priester bringen.
Pfyffen, tanzen, singen,
Waz alles nider da geleyt;
Da ward manig Ritter gemeyt
Weinen und vil schöne Wip,
Da man sah des Ritters Lip
So cleglich gebaren.

Da sprach der Ritter zu der Reinen,
Die seine Ehefrau sein sollte:
„Meine Traute, Liebste und Holde,
Nun muß es Gott erbarmen,
Daß ich nicht kann erfahren
Die Freuden in deinen Armen!“

Der Ritter zu der claren
Sprach, die sin Wip solte sin:
Min Trut, min Liep, min Frowelin,
Nun muß es Got erbarmen,
Daz ich nit sol erwarmen
Mit Fröiden an dem Arme din!

Darauf antwortete ihm die Frau,
Weil sie artig und sittsam war,
Und sprach voller Liebe gar:
„Ach, guter Ritter, gehab dich wohl.
Gott vom Himmel dich trösten soll,
Und auch die zarte Mutter sein!“

Des antwurt im daz Megetin,
Wan sü von Art vol Zuhte waz,
So sprach sü zuhteclichen daz:
Ach Ritter gut, gehab dich wol,
Von Himel Got dich trößten sol,
Und ouch die zarte Muter sin!

Er sprach: „Ach, edle Frau mein,
Bitte alle, die mit dir kamen,
Die edlen Herren und Damen,
Die mit dir hier zu Hofe sind,
Auch Weib, Mann und Kind:
Wenn ich nun verderbe
Und dann hier sterbe,
Daß sie dir helfen zu begraben mich.“

Er sprach, ach edly Frowe min,
Heysß alle die by dir gestan,
Beyde Frowen und Man,
Die mit dir hie ze Hofe sint,
Bede Wip, Man und Kint,
Ist daz ich verdirbe
Und also nun hie stirbe,
Daz du helfest begraben mich.

Da weinte die liebe Frau bitterlich,
Und auch alle, die versammelt waren.
Dann gebot er, die Reine
Hinzuführen in ihr (Ehe-) Gemach,
Was mit großem Jammer geschah.
Und hieß nicht säumen mehr,
Sondern ihm bereiten her
Ein Bett, wo er sich niederlegen kann.
Den Priester ließ er kommen dann,
Um das heilige Sakrament zu bringen,
Denn der Tod wollte mit ihm ringen.

Do weint die Frow mynenclich
Und alle die da waren.
Do hieß er die klaren
Füren hin an ir Gemach,
Mit grossem Jamer das beschach.
Und hieß do nit me beyten,
Man solte im bereyten
Ein Bett, daz er do leyte sich;
Den Priester hyeß er endelich
Kommen und Got bringen,
Der Tot wil mit mir ringen.

Also kam der Priester treue,
Und er beichtete mit großer Reue,
Daß der Priester ihm den Segen gab.
Dann sprach er: „Bereitet mir ein Grab,
Und gewährt mir alle meine Rechte.“
Da weinten alle Ritter und Knechte,
Grafen, Freiherrn und Diener laut,
Und auch die gute und edle Braut
Die ihm gegeben war zur Ehe.

Also kam der Pryester dar,
Da tett er ganze Rüwe gar;
Der Priester im Got selber gab.
Er sprach: bereytend mir ein Grab,
Und tund mir alle mine Reht.
Do weintent Ritter und Kneht,
Grafen, Fryen, Diensman,
Und ouch die Maget lobesan
Die im was geben zu der E.

Er sprach:
„Meines Bleibens ist nicht mehr,
Ich bitte euch, liebe Brüder mein,
Daß ihr der zarten Braut, so fein,
Alles gebt, was man mir versprochen hat.“
„Nein“, sagte sie, „herzgeliebter Mann,
Was ich an Gütern habe hergebracht,
Dessen wird nimmermehr gedacht.
Sie sollen gehören den Freunden dein.
Nun sieh, du Liebster, die Treue mein!“
Dazu reichte sie ihm ihre weiße Hand:
„Dir bin ich gegeben im fremden Land,
Und so werd ich nun ein Witwenweib,
Daß mich keines Mannes Leib
Soll nimmermehr berühren,
Wenn ich dich soll vor mir führen
Zum Grab, wie du uns kundgetan.“

Er sprach:
Mins Dings ist nüt me,
Ich bitt üch lieben Brüder min,
Daz ir der zarten Maget vin,
Gebent was ich gelobet han.
Nein, sprach sü, herzlieber Man,
Waz ich Gutes har han broht,
Des würt niemer me gedaht,
Es söllent han die Fründe din;
Nun se du Liep, die Trüwe min,
Sü bat im dar ir wissen Hant,
Dir bin ich gen in frömde Lant,
Und wirt ich nun ein Witwen Wip,
Daz mich keines Mannes Lip
Sol niemer me berüren,
Sol ich dich vor mir füren
Ze Grab, als uns din Mund vergiht.

Er sprach: „Morgen geschieht es, wohlan!
So bin ich lebendig und schon tot.“
Da sprach die Braut in großer Not:
„Du hast verloren um mich dein Leben,
So will ich auch meines für dich geben,
Daß ich werde in ein Kloster fahren,
Um mich selbst so zu bewahren,
Daß mich nimmermehr ein Mann
Mit Augen soll sehen an.
So will ich bitten Gott für dich,
Und auch seine Mutter löbelich,
Die den werten Gott gebar,
Die nehme deine Seele wahr.“
Darauf dankte ihr der Ritter gut.

Er sprach: Morn, daz beschiht,
So bin ich lebend und tot.
Die Brut sprach, us grosser Not:
Du hast verlorn umb mich din Leben,
So wil ouch ich durch dich begeben,
Daz ich wil in ein Closter varn,
Mich selber wil ich so bewarn
Daß mich niemer me kein Man
Mit Ougen fol geschen an;
So wil ich bitten Got für dich,
Und ouch sin Mutter lobelich,
Die den werden Got gebar,
Die nemme diner Sele war.
Suß danket ir der Ritter gut.

„Wo sind meine Brüder hochgemut?“
Sie sprachen beide: „Wir sind hier!“
Jedweden er an die Hände nahm
Und sprach: „Liebe Brüder mein,
Laßt euch die Jungfrau anbefohlen sein!“
Und damit von allen er Abschied nahm.

Wa sind min Bruder ungemut?
Sy sprachent bede, wir sint hie.
Jewedern er by den Henden vie,
Und sprach: lieben Brüder min,
Land uch die Magt befohlen sin!
Hiemit er Urlob von in nan (m).

Dann rief er Gott im Himmel an
Und sprach: „Maria, Königin rein,
Laß dir meine Seele anbefohlen sein!“
Dieses Wort er klagend sprach,
Womit der Tod sein Herz zerbrach.
Und so nahm er sein Ende.

Von Himel Got, den ruft er an:
Er sprach, Maria Königin,
Laß dir min Sel befolhen sin!
Das Wort er clegeliche sprach,
Hiemit der Tot sin Herze brach.
Alsus nam er sin Ende.

Darüber mancher seine Hände
Aus Trauer klagend wand.
Die Braut fuhr in ihr eignes Land,
Wo der Held nun begraben ward,
Dort wurde sie eine Klosterfrau zart.

Darumb manger sin Hende
Von Schräcken cleglichen wand.
Die Brut fur in ir eygen Land,
Do der Helt begraben wart,
Do wart sü ein Cloßter-Frow zart.

Was soll ich sagen noch mehr?
Der gute und edle Ritter hehr
Wurde beklagt in allen Landen,
Weil er sich vor Schanden
Behütet hatte Jahr für Jahr.
So sprach man still und offenbar:
Da war der teuerste Ritter tot,
Der jemals auf Pferden ritt.
Und so hat es ein Ende,
Gott uns seine Gnade sende!

Amen.

Waz sol ich sagen mere,
Der edel Ritter Here
Ward clagt in allen Landen,
Wan er sich vor Schanden
Behütet hat all sine Jar;
Man sprach still und offenbar,
Do war der türste Ritter tot,
Der ye Pferd überschritten hat.
Also hat es ein Ende,
Got uns sin Gnade sende.

Amen.

Ende - OM


.....
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